URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Die Sendemanuskripte sind urheberrechtlich geschützt und dürfen vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Radio/Videofeature SendemanuskriptInterview Veselin Mitov

 

 

 

Interview (Videofeature) Veselin Mitov

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Interview (Videofeature) mit Veselin Mitov, Vize-Präsident EZA Bonn-Bad-Godesberg; Intern. Sekretär PODKREPA CL Sofia am 20.3.2025 in Plovdiv/Bulgarien

 

Sprecher

Warum ist der Strukturwandel in Bulgarien so kompliziert?

 

Veselin Mitov

Das ist eine sehr schwere Frage. Das hängt damit zusammen, dass in Bulgarien alles mit Verspätung angekommen ist und realisiert wird. Da ist die Privatisierung der Wirtschaft und die Veränderung ihrer Strukturen. Alles vollzieht sich mit großer Schwerfälligkeit und zeitlicher Verzögerung. Diese Verspätung hängt in Bulgarien mit den politischen Kämpfen zusammen. Im Vergleich zu den anderen ehemaligen Ländern, die in der Sowjetregion waren. Und die die Umwandlungen und Transformationen schon Anfang der 1990er Jahre gestartet haben. In Bulgarien hat diese Transformation erst im Jahre 1998 begonnen.

Auch im Parlament gibt es sehr große Schwierigkeiten bei der Verständigung zwischen den verschiedenen Parteien. Außerdem haben wir aus der kommunistischen Zeit noch ein Erbe, das nachwirkt. Und das hat leider bis heute immer noch zwiespältigen Einfluss auf Politik und Gesellschaft.

 

Sprecher

Letztendlich müssen die Menschen diese Transformation mitmachen. Sie müssen Photovoltaik-Anlagen kaufen; sie müssen umweltfreundliche Wärmetechnik einbauen. Zum Beispiel Wärmepumpen. Können sich die Menschen diesen Wandel überhaupt leisten?

 

Veselin Mitov

Ja. Das ist wirklich ein Drama in Bulgarien. Zirka dreißig Prozent der Bevölkerung sind im Seniorenalter und beziehen ihre Renten. Man kann überhaupt nicht von Photovoltaik-Anlagen oder Wärmepumpen sprechen. Sie sind energiearm. Alle Haushalte dieser Rentner*innen können sich die Wärme, die sie brauchen, nicht leisten. Sie leben in Wohnungen und Häuser, die veraltet sind. Die keinerlei Wärmeisolation haben. Sie wohnen in der Kälte – so zu sagen.

Und wir sprechen nicht nur über eine Energiearmut im Winter, sondern auch im Sommer. Denn Bulgarien ist ein südliches Land. In Südosteuropa steigen die sommerlichen Temperaturen auf über vierzig Grad Celsius. Und ohne Isolation und Klimatechnik ist das für die älteren Menschen kaum zu ertragen. So gibt es immer wieder Hitzetote.

Bulgarien ist außerdem das ärmste Land in der Europäischen Union. Das betrifft Einkommen, Mindestlohn, Rente. Seit zirka 20 Jahre gelingt es den Menschen nicht, in die ökonomische Mittelschicht aufzusteigen. Und eine Annäherung des Lohnniveaus und der Kaufkraft an internationale Standards zu erreichen.

Das Problem sind nicht nur die Rentnerinnen und Rentner, sondern auch die arbeitenden Menschen. Wir sprechen von einem Mindestlohn von fünfhundertfünfzig Euro im Monat. Das ist der Niedrigste in der Europäischen Union. In Bulgarien gibt es die meisten arbeitenden armen Menschen. Das muss dazu gesagt werden.

 

Sprecher

Die Balkanländer wünschen sich einen eigenen Green Deal. Weil die Entwicklungen zwischen Westeuropa und Osteuropa so unterschiedlich sind.

 

Veselin Mitov

Ja ja. Das habe auch im ersten Panel angesprochen. Stellen sie sich vor: Vierzig Prozent des Energiemixes wird über die Braunkohle erreicht. Wir können für diesen Zeitraum des Green Deal wirklich nicht auf erneuerbare Energien umsteigen. Wir brauchen mehr Zeit. Wir brauchen mehr Investitionen. Es gibt zwar Förderungen von der Europäischen Kommission, aber wir haben keine anderen Investitionen. Damit wir auf erneuerbare Energieformen umstellen können, brauchen wir einen anderen Horizont.