Synopsis


 

„Der europäische Green Deal –

die sozial-ökologische Transformation zu einem Zukunftsprojekt für alle machen“

vom 23. bis 27. August 2023 in Podgorica, Montenegro

 

Im Dezember 2019 hat die Kommission mit ihrem „europäischen Green Deal“ einen viel diskutierten Aufschlag für ein klimapolitisches Aktions- und Investitionsprogramm vorgelegt, mit dessen Hilfe Europa im Jahr 2050 klimaneutral wirtschaften soll. Der Europäische Gewerkschaftsbund hat im Juni 2020 in einem Positionspapier angegeben: „Alle Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft nach der COVID-19-Krise müssen mit den Hauptzielen des Europäischen Green Deal übereinstimmen und mit dem Pariser Abkommen und den UN-SDGs vereinbar sein.“ Damit hat sich der europäische Spitzenverband der Gewerkschaften hinter den Green Deal gestellt – verbunden mit detaillierten Analysen und Empfehlungen.x)

x) Erster Absatz: Text von Rainer Rißmayer

 

In unserem Seminar in Podgorica sammelten zirka 38 TeilnehmerIinnen aus Belgien, Deutschland, Bulgarien, Rumänien, Moldau, Mazedonien und Montenegro gewerkschaftliche Positionen zum Green Deal, Informationen zum Stand der Transformation und nationaler Strategien und Konzepte.

Die TeilnehmerInnen kamen aus Gewerkschaften, ArbeitnehmerInnenorganisationen, weltlichen und katholischen Bildungseinrichtungen der ArbeitnehmerInnenbewegung.

 

 

 

Die wichtigsten Aspekte des Seminars

1. Nach wie vor verhindert und verlangsamt das ökonomisches Ungleichgewicht in den EU-Ländern den ökologischen Wandel mit sozialem und menschlichen Antlitz.

Dieses Ungleichgewicht betrifft vor allem die südost- und osteuropäischen Nationen.

2. Vor allem dort ist in den Bevölkerungen das Bewusstsein für diese sozial-ökonomische Transformation noch nicht sehr entwickelt.

3. In den westlichen EU-Nationen geht der ökologische Wandel schneller, weil mehr Kapital, Wissen und Bewusstsein vorhanden ist.

4. Der Dialog zwischen den Sozialpartner und der Politik ist vor allem in den südöstlichen EU-Nationen entwickelt sich sehr schleppend.

5. Die sozialen Partner stehen in der Verantwortung, den Strukturwandel in besonders gefährdeten Region der EU sozial zu gestalten und die Menschen nicht im Stich zu lassen.

6. Vor allem die Gewerkschaften in den südöstlichen EU-Ländern sind verstärkt bemüht, die Menschen von der Notwendigkeit der sauberen Energieformen, dem Klimaschutz und den sozialen Folgen und vor allem auch Chancen zu überzeugen und Informationen zu liefern.

 

Gerade jetzt ist dieses Seminar von Wichtigkeit.

Der europäische Green Deal soll den ökologischen Umbau der EU-Staaten unterstützen und beschleunigen. Dabei zeigt sich vor allem, dass es ein Gefälle und unterschiedliche Geschwindigkeiten in und zwischen den Ländern gibt. Vor allem die sozialen Auswirkungen auf die arbeitenden Menschen stehen bisher nicht im Mittelpunkt dieses Wandels. Denn Arbeitsplätze gehen bereits jetzt da verloren, wo umweltschädliche Industrien und Energieproduktionen stillgelegt oder umgebaut werden. Gleichzeitig wird dieser Umbau mit der Digitalisierung in allen Bereichen des Lebens verknüpft. Und nicht zuletzt müssen sich die Menschen auch ökologische Erneuerung, wie zum Beispiel Solarkollektoren, E-Mobile und umweltfreundliche Heizsysteme leisten können. Alles ist verbunden mit guten sozialen Bedingungen für die Menschen, mit dem Erhalt und der Neuschaffung von Arbeitsplätzen und guten Arbeitsbedingungen. Diese Forderungen sind zur Zeit in Gefahr, nicht realisiert zu werden.

 

 

 

Themenfelder des Seminars

In den Grußworten von Silviu Ispas (IFAS), Veselin Mitov (PODGREPA), Jochen Mettlen (CSC), Slobodan Antovski (UNASM), Rainer Rißmayer (NBH) betonen diese die Wichtigkeit des Themas, die Dringlichkeit der sozial-ökologischen Transformation und bei allen Schwierigkeiten vor allem die Chancen für die Zukunft, die in diesem Wandel hin zu einer umweltfreundlichen Lebensweise und Arbeitswelt liegt.

 

 

Sandra Obradovic (UFTUM) erläutert in ihrem Grußwort, das die 2008 gegründete Union of Free Trade Unions of Montenegro (UFTUM) mit dem sozialen Dialog begonnen hat. Dieser montenegrinische Gewerkschaftsverbund ist mittlerweile ein wichtiger und erfolgreicher Akteur für die Rechte der arbeitenden Menschen. Vor zirka 30 Jahren unterzeichnete Montenegro eine Deklaration für einen ökologischen Staat. Ziel: Höchste Öko-Standards und Normen für den Lebensstandard und Naturschutz. Leider wurden diese Standards bis heute nicht eingehalten. Zum Beispiel werden Naturschutzgebiete bebaut. Die Landwirtschaft wird geschwächt sein, wenn sich Montenegro nicht an diese Prinzipien und den Europäischen Green Deal orientiert. So hat die Politik im letzten Jahr einvernehmlich beschlossen, das Pariser Abkommen, den UN-SDGs und den Plan des Europäischen Green Deal konsequent anzuwenden und das Bewusstsein hierfür in der Bevölkerung nicht zu zu schaffen, sondern sie auch daran zu beteiligen. So werden zum Beispiel alle Baumaßnahmen auf diese ökologischen Prinzipien geprüft und verboten, wenn sie nicht erfüllt sind. Die Gewerkschaften sind sehr an einer EU-Mitgliedschaft Montenegros interessiert und analysieren zur Zeit den Paragraph 27 im Cluster 4 (Green Deal, Energie, Verkehrspolitik und Kapitel 21, das so genannte Transeuropäische Netz). Für die montenegrinischen GewerkschaftsvertreterInnen ist es sehr wichtig, im Austausch mit den KollegInnen aus den europäischen Ländern zu stehen und Erfahrungen auszutauschen.

 

Daniel Freund (MeP) erläutert – wie schon im Vorjahr - in einer Videobotschaft über die Struktur und Ziele des europäischen Green Deal. Dabei geht es vor allem um die verschiedenen Gesetze in allen Bereichen (z.B. Verkehr, Gas, Öl, Kohle, Wärme, Strom, Bau, Landwirtschaft), die die Wirtschaft umbauen sollen und sie von diesem Wandel profitieren zu lassen. Dies bewirkt Innovationen, neue Technologien wie die Digitalisierung und dadurch gute Arbeitsplätze. Es geht auch um viele EU-Zertifizierungen für ökologische Maßnahmen im nationalen- und EU-Raum. Ein Beispiel ist das Ende des fossilen Verbrennungsmotors ab dem Jahre 2035, für das bereits eine EU-Verordnung vorliegt. Insgesamt ist ein EU-Fond von zirka 1 (eine) Billion Euro für die Transformation bereit gestellt. Bei allen Gesetzen und Konzepten gehe es um den gerechten Ausgleich zwischen ArbeitnehmerInnen, Wirtschaftsinteressen Gesellschaften und den Erhalt hoher und sogar gesteigerter Sozialstandards insgesamt. Und die Zielsetzung mit dem Programm ‚fit for fifty-five‘.

 

Frederik Moch (DGB Bund) Hauptthema und These ist, das nur dann, wenn alle Europäer aus Nord, Ost, Süd und West zusammen arbeiten, dieser Green Deal erfolgreich sein kann. Da braucht es einen langen Atem für die nächsten zirka 30 Jahre. Und dabei stehen vor allem die sozialen Fragen im Vordergrund. Nur dann, wenn die für die Menschen positiv gelöst sind, kann es überhaupt eine soziale, ökologische und gerechte Wirtschaft in Europa geben. Die multidimensionalen Krisen (Covid 19, Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Preissteigerungen etc.) verzögern die Umsetzung des Green Deal, zeigt die fehlende Einstimmigkeit in der Europäischen Union und bindet zusätzliche Finanzmittel auf Kosten der sozialen Entwicklung. Die deutschen Gewerkschaften haben im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes Einfluss auf die Unternehmen, wenn es um den sozialen Ausgleich der sozial-ökologischen Transformation geht. Und der wird auch genutzt. Die Transformation betrifft alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens. Das Ziel bis 2030 eine bestimmte Menge an CO2 einzusparen ist äußert ambitioniert. Zum Teil hat die Europäische Kommission ihre Vorgaben und Gesetze auf Grund der momentanen Krisen sogar verschärft, um auch das Ziel „fit for fifty-five“ (Klimaneutralität Europa im Jahre 2055) zu erreichen. So wird der Emissionshandel 1 die Industrie in ihrem Wandel und in der Produktion von zum Beispiel grünem Stahl oder grüner Energie erheblich beschleunigen. Dabei dürfen die Arbeitsplätze und der Arbeitsschutz nicht verloren gehen. Dies ist eine große Herausforderung für die Gewerkschaften. Der so genannte Emissionshandel 2 betrifft dann Gebäude im privaten und öffentlichen Bereich. Der birgt große soziale Risiken für die Menschen, die die höheren Energiepreise zahlen müssen. Zumal die Gebäude energetisch mit und wärmetechnisch mit alternativen Energien ausgestattet werden müssen. Hier fehlen den Menschen in der ganz Europa und vor allem in den südosteuropäischen Ländern die finanziellen Mittel. Daher will die Europäische Kommission einen so genannten Klimasozialfonds einrichten, um die Menschen in Ost- und Südosteuropa finanziell zu entlasten. Leider ist der Fonds mit zu wenig finanziellen Mittel ausgestattet und muss daher wesentlich erhöht werden.

 

Der Umbauprozess in Rheinischen Braunkohlerevier wird vor allem mit den Menschen vor Ort über den klimaneutralen Einstieg in neue Energieformen, über neue Infrastrukturen, über Ansiedelung von Firmen, über kultur- und bevölkerungsrelevante Projekte und über neue Arbeitsplätze gesprochen. An den Gesprächen sind alle Sozialpartner beteiligt.

 

Miladin Sekulić (UFTUM, NN-SSCG) kommt aus einem Kohlerevier in Montenegro. Das einzige Kohlekraftwerk in der Kleinstadt Pljevlja versorgt Montenegro zu 40 % mit Energie. Das ist für die kleine Region ein wichtiger Arbeitgeber und Finanzfaktor. Zirka 1400 Menschen sind in diesem Kraftwerk beschäftigt. Weitere 1200 Beschäftigte zählt der Bergbau. Außerdem gibt es noch zwei Wasserkraftwerk in Perućica und Piva. Es gibt außerdem Windenergie und Solarenergie. Aber die macht nicht mehr als 12 & der Energieproduktion aus. Windkraftwerke sind in Montenegro zu teuer. Wenn das Kohlekraftwerk sofort schließt, hat Montenegro ein massives Problem mit der Stromversorgung. Das würde die Existenz bedrohen. Auch für die Arbeitsplätze. Ein Vergleich: Das Kohlekraftwerk verbraucht in einem Jahr so viel Kohle wie deutsche Kohlekraftwerke an einem Tag. Der Beitrag zur globalen Luftverschmutzung ist da also gering. In Podgorica heizen etwa 5000 Häuser im Winter vorwiegend mit Kohle. Da ist die Luftverschmutzung hoch. Im Sommer wird nicht geheizt, die Luftbelastung ist gering. Die Stahl- und Aluminiumindustrie ist bereits geschlossen. Die Europäische Kommission verlangt von der montenegrinischen Regierung bis Ende 2023 eine Antwort auf die Frage, wann die Kohleproduktion endet. Einige Staaten haben eine Antwort geben können. Montenegro kann dies nicht. Niemand bietet eine Alternative zu dieser Energieproduktion und zur Sicherung der Arbeitsplätze an. Wind- und Solarenergie wird in Montenegro sehr wenig verwendet. Die Gewerkschaft Montenegros erwartet von den Ministerien eine feste Antwort auf die Frage, wann die Kohleproduktion endet. Manche Länder schließen im Jahre 2030 oder 2033, manche erst im Jahre 2049. Unsere Gewerkschaft hat sich dem südosteuropäischen Verbund der ‚Gerechten Transition‘ angeschlossen. In einer Umfrage durch die Regierung hat sich die Mehrheit der Beschäftigten für den Erhalt dieser Arbeitsplätze in der Kohleproduktion ausgesprochen Und die Gewerkschaft muss die Interessen der Beschäftigten schützen. Leider verfügt sie nicht über umfassende Informationen zum Europäischen Green Deal. Selbst die Regierung weiß nicht, woher die Energie in der Zukunft kommen soll. Klar ist jedoch, dass die Bevölkerung von Montenegro importierten Strom nicht bezahlen kann. Trotzdem sind die Menschen und die Regierung von Montenegro positiv gestimmt und begrüßen die Klimaneutralität für ihr Land. Gemeinsam mit den Balkanstaaten und mit der Hilfe der EU wird diese Transformation auch gelingen.

 

Chris Löw (Demokratiewerkstatt Rheinisches Revier) stellt das Projekt vor. Die Demokratiewerkstatt „Rheinisches Revier“ beteiligt die betroffenen Menschen aller Altersgruppen und sozialem Stand an der Gestaltung ihres Lebensraumes. Dialog, demokratische Teilhabe an der Versöhnung mit den Verhältnissen stehen dabei im Vordergrund. Betroffene sind vor allem die durch den Tagebau Betroffene in den angrenzenden Dörfern wie zum Beispiel Kukum, Berverath, Ober- und Unterwestrich, Holzweiler, Keyenberg) und natürlich die Menschen, die in ‚neue‘ Dörfer umgesiedelt sind. Dabei fördert sie aktiv die Vernetzung von engagierten Menschen und Initiativen. Dabei ist die Transformation hin zu einer ökologisch geprägten Industriegesellschaft eine Art Pilotprojekt für das zukünftige, demokratische Zusammenleben und Zusammenarbeiten von Menschen.

Die Demokratiewerkstatt Rheinisches Revier ist ein Projekt von Nell-Breuning-Haus und der Landeszentrale für Politische Bildung.

 

Vladimir Topalov (Bulgarische Bergarbeiterverbandes PODKREPA), Dimitar Cholakov (Bulgarische Energiearbeiter Gewerkschaft MINI Marits Iztok EAD) von der bulgarischen Energiearbeiter-Gewerkschaft erzählen über den ökologischen Umbau von Kohlekraftwerken. Die energieerzeugenden Kohlekraftwerke sind zwar seit Jahrzehnten mit Abluftfiltern ausgestattet. Aber das reicht nicht. Die Europäische Kommission gibt nur Finanzmittel für den kompletten Umbau in eine ökologische Energieerzeugung frei. Dies erzeugt bei den in der Energiebranche arbeitenden Menschen Angst vor ihrer Zukunft. Die so genannten Heranführungs-Fonds müssen dafür sorgen, dass die Menschen in den Regionen nach der Schließung von Kohlekraftwerken und Kohlebergbau noch vorhanden sind, nicht abwandern, neue Berufe in diesen Branchen lernen können und bleiben. Die Regierungsseite hat bisher keiner Initiative in diese Richtung zu erkennen lassen. Unsere Aufgabe ist es, die ökologischen Zukunftsideen zum Beispiel aus Deutschland aufzunehmen und in unsere Transformation für unsere Industrieregionen und ländlichen Gebiete umzusetzen. Die bulgarischen Gewerkschaften sind Bindeglied zwischen Wirtschaft, Regierung und den arbeitenden Menschen. Die Bevölkerung muss von allen Sozialpartnern davon überzeugt werden, dass saubere Energie preislich günstiger sein wird als die fossile Energie. Das geht aber nur, wenn auch genügend saubere Energie produziert wird. Darin liegt zur Zeit ein großes Vermittlungs- und Informationsdefizit. Es gibt ein Kraftwerk nach aktuellen Öko-Standards, doch es liegt in einer Industrieregion. Jenseits der ländlichen Gebieten.

Aber auch privatwirtschaftliche Initiativen tragen endlich zur Klimaneutralität bei. So bauen große Speditionen Bahnterminals, um ihre Güter vom LKW auf die Schiene umzuladen. Der Staat selbst unterstützt diese Initiativen zur Zeit nicht.

In Bulgarien findet sich ein großes Braunkohlebecken. Mit den dort angesiedelten Kohlekraftwerken wird insgesamt zirka 3500 MW Strom vor allem für die Ballungsräume produziert. Im Sommer erreicht die Produktion 40 %, im Winter bis zu 60 %. Das sind die Fakten. Allerdings erfüllt Bulgarien die Energieziele der EU für das Jahr 2030. Bulgarien ist führend im Aufbau von Photovoltaikanlagen. Das ist eine gute Entwicklung. Bulgarien schaut neidvoll auf die deutsche Politik, die sehr eng mit der Wirtschaft, den Gewerkschaften und der Bevölkerung zusammenarbeitet und enorme Finanzmittel für die Transformation bereit stellt. Das findet in Bulgarien nicht statt. Es bestehen Absichtserklärungen der andauernd wechselnden Regierungen. Für die Gewerkschaften ist es ein zähes Ringen um Dialog und Teilhabe.

Dennoch begrüßt die Bevölkerung die grüne Energie. Aber ein Haus kann erst dann zerstört werden, wenn ein neues Haus gebaut wurde.

 

Kiril Binev (Bulgarische Gewerkschaft der Kulturschaffenden PODKREPA) erzählt, dass bei diesem Übergang in eine ökologische Zukunft Kultur eine große Rolle spielt. Dazu gehört auch Bildung, Wissen, Gesundheitswesen zum Beispiel. Aber auch die Gebäude müssen entsprechend angepasst werden. So brauchen Theater, Kinos und kulturelle Spielstätten entsprechende saubere Strom- und Wärmeerzeugung. Dies ist zur Zeit ein großes Problem. Weil hierfür die finanziellen Mittel nicht oder in nur einem geringen Umfang vorhanden sind. Es liegen bisher nur Kostenanalysen vor. Hier muss der Staat zukünftig unterstützend helfen. Im Bildungsbereich sind die Menschen davon zu überzeugen, dass es viele Möglichkeiten gibt, um Energie zu sparen und die Natur zu schützen. Zusätzlich gibt es Planungen und einige Umsetzungen zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung unter ökologischen Gesichtspunkten. Die Menschen stehen bei dieser Transformation im Mittelpunkt. Und dieser Wandel muss gerecht sein.

 

Florin Hossu (Rumänische Gebietsgewerkschaft Cartel Alfa Maramures, Iulian Gavrila (Rumänisches Jugendkomitee Cartel Alfa Brasoc), Marian Apostol (Rumänisches Cartel Alfa Caras-Severin), Alin Munteanu (Rumänisches Cartel Alfa Gorj), erzählen über Kohlereviere, Energie und Bildung in ihrem Land.

In den letzten Jahren wurden Infrastrukturmaßnahmen aus ökologischer Sicht durchgeführt, um das Verkehrsnetz zu modernisieren, Energieinfrastruktur zu verbessern oder das Gesundheitssystem auszubauen. Rumänien verfügt über bedeutende Wasserressourcen, Geothermie für erneuerbare Energien. Rumänien ist bemüht, diese Ressourcen für alternative Energien zu nutzen. Das Problem ist nach wie vor die Finanzierung. Daran hat sich auch in den letzten 12 Monaten nichts verändert. In den westlichen EU-Ländern steht scheinbar mehr Geld für die Transformation zur Verfügung als in den osteuropäischen Ländern. Dieses Ungleichgewicht verlangsamt den Wandel. Und nach wie vor ist Rumänien ebenso wie Bulgarien auch für die Zukunft abhängig von den fossilen Energieträgern. Durch die Stilllegung von Kohlebergwerken und deren Kraftwerke besteht jedoch nach wie vor keine eigene garantierte Energieversorgung. So muss Rumänien ebenso wie der Nachbarstaat Bulgarien Strom aus den EU-Ländern importierten. Der ist teuer und belastet die Bevölkerung. Durch die heutigen multiplen Krisen wird sich dies auch nicht so schnell ändern. Und Die Umwelt ist im stillgelegten Bergbau nach wie vor geschädigt.

Die ökologische Bildung wird in Rumänien immer wichtiger. Denn Klimaneutralität herzustellen richtet sich in die Zukunft, an die Kinder und Enkel. Diese Aufklärung über den Green Deal und den Klimawandel muss bereits in den Schulen angeboten und diskutiert werden. Aber auch im Elternhaus und im täglichen Leben. Und mit Beispielen vorleben. Zum Beispiel die Mülltrennung, die in Rumänien sehr gut funktioniert.

 

Divna Zmejkovska und Slagjana Milivojevic und Slobodan Antovski (Nordmazedonische Gewerkschaft UNASM) stellen fest, dass der Green Deal, Nachhaltigkeit und alternative Energien bisher kein sehr großes Thema in der Bevölkerung und Regierung ist. Die Regierung hat im Jahre 2020 einen Vertrag mit der EU zum Thema Green Deal unterschrieben, aber ihre eigene Bevölkerung, Wirtschaft und die Gewerkschaften bis heute nicht über den Inhalt informiert. Erst hier auf dieser Konferenz hören wir von den anwesenden EU-Staaten die Tragweite des Green Deal. Das ist ein großes Ärgernis. Die Gewerkschaften sind bemüht, ein breites Bewusstsein und Wissen zum Klimawandel, den Folgen zu schaffen. Die Transformation ist für Nordmazedonien eine große Herausforderung. Aber birgt auch Chancen für neue Berufe, Arbeitsplätze und gute Arbeitsbedingungen. So sind in den letzten Monaten einige Bürgerinitiativen entstanden, die sich mit dem Green Deal befassen. Die Regierung hat endlich den ‚Ausschuss für die Zukunft‘ gegründet. Diese Koalition finalisiert zur Zeit die Online-Plattform ‚Die Grüne Stimme‘. Die Bevölkerung hat jetzt die Möglichkeit, Ihre Meinungen und Vorstellungen zum Green Deal zu äußern, in Dialog zu treten und Informationen auszutauschen. Natürlich können die Vorgaben zum Green Deal nur erreicht werden, wenn auch das Wirtschaftswachstum gewährleistet ist und er wird in Nordmazedonien nur dann implementiert, wenn alle Sozialpartner und die Öffentlichkeit sich an diesen Dialog beteiligt haben

 

Sergiu Cocos (Moldawische Gewerkschaft PPA) erklärt sie Situation in Moldau. Zirka 35 Millionen Gebäude müssen energieeffizient und ökologisch umgebaut werden. Moldau plant die Reduzierung der CO2-Belastung um 310 Millionen Tonnen bis 2030. Und bis zum Jahre 2035 könnten in Moldau zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Die EU unterstützt auch die Länder finanziell und mit Know How, die erst Beitrittskandidaten sind. Die moldawische Bevölkerung begrüßt die Ziele des Green Deal. Natürlich gibt es auch eine fachliche und kritische Auseinandersetzung. So wird die mangelnde Transparenz der Kennzahlen beklagt und die zu geringe Kohäsion innerhalb dieser Ziele. Problematische Punkte sind auch die Kreislaufwirtschaft und die Landwirtschaft. Das Institut für Europäische Studien legt dar, dass es zu weiteren Ungleichgewichten zwischen den westlichen und östlichen EU-Staaten kommen wird, wenn der Green Deal nicht gerecht ausgestaltet wird. Die Grüne Agenda ist auch für Moldau eine große Herausforderung. Sie soll – so ist es die Auffassung der Bevölkerung und der Regierung zur ökologischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Erholung der östlichen Länder führen. Aber auch hier ist der zentrale Punkt die geringe finanzielle Ausstattung, die diese Transformation begleiten soll. Und sie brauchen fähige Menschen, die in den moldawischen Regionen das Thema kommunizieren und Vorschläge machen können. Das alles ist für ein kleines Land wie Moldau eine komplexe Materie.

 

Der Besuch des Energiemuseums ‚Muzej energetike' in Cetinje/Montenegro regt Diskussionen über den Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Energieversorung unter den GewerkschaftsvertreterInnen an.

Der Besuch im Nationalpark Lovċen zeigt, was an Flora und Fauna verloren gehen kann, wenn die ökologische Wende zu spät oder nicht vollzogen wird.

 

 

Erkenntnisse/Konsequenzen/Forderungen

Für die Veranstalter und Teilnehmenden dieses Seminars ist die Erkenntnis gereift, dass

 

1. in den teilnehmenden Ländern Initiativen ziviler, wirtschaftlicher und staatlicher angelaufen sind, um die Transformation sozial und ökonomisch voranzutreiben.

2. die Gewerkschaften sind sich ihrer Rolle immer stärker bewusst und sind bemüht, die arbeitende Bevölkerung über den Green Deal aufzuklären und gleichzeitig für den Erhalt der Arbeitsplätze in einer ökologischen Gesellschaft einzustehen.

3. nach wie vor die soziale Lage der der Menschen durch den Green Deal nicht weiter verschlechtert werden darf.

4. das die Preise für nachhaltige und umweltfreundliche Energien für alle Menschen bezahlbar sein muss.

5. die Gewerkschaften müssen nach wie vor klarmachen, dass die Menschen im Mittelpunkt dieses Wandels stehen und dies auch im Rahmen der Sozialpartnerschaft durchsetzen.

6. das die Sozialpartner auch zum Dialog bereit sein müssen.

7. das sich vor allem die ost- und südosteuropäischen Nationen zur Gestaltung der Transformation gewerkschaftliche und zivile Verbände zusammenschließen, um den Wandel gerechter zu machen.

8. das Aufklärung, Kommunikation, Dialog mit der Bevölkerung und Bildung für die Kinder von entscheidender Bedeutung sind.

9. Die Regierungen müssen die Informationen transparenter machen und beschlossene Gesetze auch wirklich umsetzen.

10. nach wie vor gilt das der Green Deal nicht das soziale Gefälle zwischen West- und Osteuropa führen. Vor allem in den südosteuropäischen EU-Ländern nimmt der soziale Abstieg der Menschen durch die geforderten Green Deal Prozesse zu.

11. nach wie vor unverändert gilt auch nach 12 Monaten: Rumänien und Bulgarien fühlen sich durch die Maßnahmen des europäischen Green Deal benachteiligt und im Stich gelassen. Sie fühlen sich in eine „ideologische Falle“ der EU gefangen, die darauf aus ist, erst einmal alles Umweltschädliche zu zerstören (zum Beispiel in Regionen ausschließlich mit Kohleindustrie), ohne gleichzeitige Hilfe für den ökologischen Neuaufbau anzubieten. Die in diesen zerstörten Industrien arbeitenden Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz und die soziale Absicherung.

12. Arbeitswelt, Green Deal, Ökonomie, soziale Gesellschaft dürfen kein Widerspruch sein. Es geht nur mit den Menschen.

13. auch klar geworden ist, das zum Beispiel in der nordmazedonischen Öffentlichkeit und Politik das Thema bisher kaum ein Gewicht hat. Erst durch dieses Seminar haben die GewerkschafterInnen die Tragweite des Green Deal anhand der Berichte und Dialoge der am Seminar Teilnehmenden erfasst.

14. der gegenseitige Erfahrungsaustausch auf diesem Seminar ist wichtig und hat Erfahrungen bestätigt oder widerlegt. Es geht nur gemeinsam im Sinne der Menschen.

15. es erste Erfolge hin zu einer klimafreundlichen Welt gibt. Zivile Initiativen bilden sich, Pläne werden ausgearbeitet, Windräder gebaut, Bildung vermittelt, Arbeitsschutz vorangetrieben, Wasser und Geothermie als mögliche Energieträger ausgewählt, Speditionen bauen Bahnterminals, um ihre Güter klimaneutral zu transportieren, Dialogplattformen laden die Bevölkerung ein, sich über den Klimawandel, den Green Deal zu informieren und Vorschläge einzubringen etc.

16. trotz der großen Herausforderung für diese Transformation ist die Zuversicht gewachsen, diesen Wandel bewältigen zu können. Insbesondere Montenegro und Moldau sehen der Entwicklung auch positiv entgegen.

 

Daher wird im Jahre 2024 in Baia Mare/Czernowitz, Rumänien das 3. Seminar zum Thema ‚Green Deal und die sozial-ökonomische Transformation‘ veranstaltet. Neben dem Status Quo werden unter anderem auch Maßnahmen und Ergebnisse, umsetzungsfähige bzw. prozessuale und erfolgte Maßnahmen und Konzepte aus gewerkschaftlicher Sicht und ihre Auswirkungen auf die Sozialpartner und vor allem die Menschen Thematik sein können.

 

 

 

 

 

Text von Axel Gauster. © 2023 Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus