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© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Synopsis

 

Neue Wege gehen – neue Methoden wirksam in der Bildungsarbeit einsetzen!“

Europäisches Seminar 5.-8. Juni Februar 2018

Tagungsort: Nell-Breuning-Haus, Wiesenstr. 17 , D-52134 Herzogenrath

 

 

 

Das Wort Bildung ist aus dem althochdeutschen Begriff 'bildunga' entstanden und bedeutet zum Beispiel Schöpfung, Bildnis, Gestalt, Erziehung, das Gebildet sein, das Ausgebildet sein, gutes Benehmen.

Es bezeichnet die Entwicklung eines Menschen hin zu einer Persönlichkeit - ausgestattet mit besonderen sozialen, seelischen, kulturellen und geistigen Merkmalen.

Ein besonderes Merkmal heutiger Bildungstheorien ist das so genannte 'reflektierte' Verhältnis jedes Menschen zu sich, zu anderen Menschen und zur Welt. Der moderne Bildungsbegriff versteht sich außerdem als ein lebenslanger Entwicklungsweg für den Menschen und seiner Persönlichkeit im ganzheitlichen Sinne.

Bildungsarbeit zum europäischen sozialen Dialog hat im EZA-Netzwerk vor allem vier Aufgaben:Wissensvermittlung, Erfahrungsaustausch, Vernetzung, Weitergabe von gemeinschaftlich erlangtem Wissen sind die zentralen Aufgaben der Bildungsvermittlung.Verfügung.

Die Anforderungen an die Lernenden und die Lehrenden steigt unaufhörlich, weil die Menge von Wissen stetig zunimmt und sich in ihrer Bedeutung verändert und ergänzt.

Europäische Seminare sind geprägt von kultureller Vielfalt, Mehrsprachigkeit, von unterschiedlichen Bildungsbedürfnissen und Erfahrungshorizonten.

Auch diese Faktoren entscheiden über die Qualität von Bildungsveranstaltungen.

Sie müssen in der Bildungsarbeit berücksichtigt werden und erfordern eine sorgfältige Auswahl und Anwendung entsprechender, zielführender methodischer Ansätze und Ergebniskontrolle.

In Herzogenrath haben sich in unserem Seminar 15 TeilnehmerInnen und 2 ReferentInnen aus Belgien, Litauen, Malta, Niederlande, Spanien, Deutschland mit neuen Methoden der Bildungsarbeit beschäftigt. Neben praxisorientierte Beispiele zum Thema „Aktivierende Bildungsmethoden“ setzt sich ein theoretischer Teil mit den Themen „Was ist Bildung“, „Wie lernen wir“, Wie lehren wir“ auseinander.

Die TeilnehmerInnen kommen aus Gewerkschaften, ArbeitnehmerInnenorganisationen, weltlichen und katholischen Bildungseinrichtungen der ArbeitnehmerInnenbewegung.

 

Gerade jetzt ist dieses Seminar von Wichtigkeit.

Die EZA ist ein europäisches Netzwerk und unterliegt der finanziellen Förderung durch die Europäische Kommission. Andererseits sind alle Seminarthemen, die die EZA erarbeitet, in die Zukunft gerichtet. Daher ist die Qualität von hoher Bedeutung. Dieses Seminar soll eine hohe Wirkung für die Teilnehmenden als auch für die VeranstalterInnen und Lehrenden haben, die dieses Wissen über Bildungsarbeit ja auch wieder als ehemalige TeilnehmerInnen dieses Seminars anwenden. Dabei gibt es neben den bewährten Methoden immer auch neue Methoden der Bildungsarbeit. Beide sollen gemeinsam mit den Menschen erarbeitet und verfeinert werden.

Bildung und Bildungsarbeit ist in der heutigen Zeit ein weites Feld und ständigen Veränderungen unterworfen. Das Wissen wächst rasant. Die Methoden und Möglichkeiten auch und sie sind quasi eine Landkarte, um auf eine ganzheitliche Art und Weise Menschen zu bilden.

 

In ihrem Eröffnungsreferat stellt Ilona Arcaro M.A. (Leiterin der Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung an der Technischen Hochschule Köln) die aktivierenden Methoden in der Erwachsenenbildung in Theorie und Praxis (ausgewählte Methoden) vor.Ilona Arcaro M.A. Februar 2018

 

Aktivierende Bildungsmethoden kurz erklärt.

Lehren und Lernen ist ein aktiv zu gestaltender Prozess, an dessen Erfolg Lehrende und Lernende gemeinsam beteiligt sind.‘ (Beer/Meisel, 2006)

Bei der Veranstaltungsplanung und Durchführung gilt es die Selbstverantwortlichkeit und Ermöglichung von Lernen im Blick zu behalten und die aktive Rolle im Lehr-Lernprozess zu fördern.‘ (Siebert, 2006)

 

Die aktivierenden Methoden fördert das oberflächliche und das tiefe Lernen für die Lehrenden und die Lernenden. Zum Beispiel durch die Präsentation von Wissen in verschiedener Form bei den Lehrenden und das Erarbeiten eigener Fragestellungen zum Thema bei den Lernenden. Erfolg stellt sich ein, wenn viele Fakten vollständig präsentiert werden und komplexe Probleme anhand des Wissens gelöst werden können.

 

Die wichtigsten Aspekte und diskutierten Themen sind in der Theorie:

Alignment (Was sind die TeilnehmerInnen nach einem Seminarbesuch in der Lage zu tun.)

Reading & Flexing (pädagogische Kompetenz)

Reading = Gruppen- oder eine Kurssituation zu erfassen; Unter-und Überforderung, nonverbale Signale oder Lernschwierigkeiten interpretieren

Flexing = situativ angemessen zu reagieren; ggf. das Konzept verändern, spontan andere Methoden vorschlagen, auch wenn sie nicht geplant waren.

 

Lernergebnisse sind Aussagen darüber, was die Lernenden wissen, verstehen und in der Lage sind zu tun, nachdem sie eine Lernprozess abgeschlossen haben. Sie werden als Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen definiert‘. Das sagt die Europäische Kommission in ihren „Qualifizierungsrahmen für lebenslanges Lernen“ (EQR 2008)

 

Zentrale Fragen bei der Planung und Gestaltung von Seminaren sind:

Wer? Was? Wann? Wozu? Was danach?

 

Praxis: Kennenlern-Methoden, Vortragsmethoden, Moderations-Methode (z.B. Kopfstandmethode), Einzelarbeits-Methode, Abstimmung mit den Füßen, Peer to Peer Methode (z.B. Gruppenarbeit, Murmelgruppe, One-Minute-Paper), Barcamps, Feedback-Methode, Sandwich-Methode.

 

In einem Workshop wurde allen SeminarteilnehmerInnen die Aufgabe gegeben, eine Veranstaltungsplanung vorzustellen. Für diese Aufgabe waren 45 Minuten eingeplant. Begleitet durch kurze, beratende Gespräche mit der Seminarleiterin.

Es zeigte sich, dass alle SeminarteilnehmerInnen individuelle Seminarerfahrungen als Lehrende haben und die in den hier in diesem Seminar vorgestellt aktivierenden Methoden sofort umgesetzt und als Workshopergebnisse in Form einer Blitzlichtrunde präsentiert haben.

 

Beispiele:

Vorschläge dazu wie man ein groß angelegtes europäisches Seminar auf 200 TeilnehmerInnen zum Beispiel begrenzt;

Themen aus verschiedenen Perspektiven betrachten, um Vortragscharakter zu vermeiden;

Alte und neue SeminarteilnehmerInnen zum gleichen Thema einladen, so ist ein Austausch zwischen Ihnen möglich und ganz neue Lernergebnisse möglich;

Maßgeschneiderte Lösungen für Jugendliche finden, nachdem ihre Probleme abgefragt wurden, Ziel ist es, Vorträge in einem Seminar zu vermeiden, Dialogkultur mit den Jugendlichen ist der Mittelpunkt von Lehren und Lernen.

 

Die Themen kreisten zum Beispiel um die Zukunft des christlichen Glauben in Europa, um diskriminierende Übergriffe gegen Menschen, um benachteiligte Jugendliche nach ihrem ersten Schulabschluss oder um Seminare für Menschen mit Handicap.

In seinem Referat stellt Prof. Dr. Ulrich Deller (Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen Aachen) die bildungstheoretischen Grundlagen dar.

 

Die wichtigsten Aspekte und diskutierten Themen sind dabei

Wir lernen wir“ und „Wie lehren wir“ in der heutigen Zeit .

 

Bildung ist vor allem Selbstbildung und sehr abhängig von der kulturellen, gesellschaftlichen, politischen und finanziellen Situation eines Landes und seiner Menschen.

 

Formelle Bildungsarbeit“ (Schule, Hochschule),

Informelle Bildungsarbeit“ (Bildung aus dem Alltagsleben und Erleben),

Non-formelle Bildungsarbeit“ (Bildungsangebote über Gewerkschaften zum Beispiel)

sind ebenfalls wichtige Bestandteile dieser Aspekte.

Und auch die neuen, digitalen Medien spielen eine zunehmende Bedeutung.

 

Informationalismus“. Neues Wissen bedeuten neue digitale Möglichkeiten der Wissensvermittlung. Und diese Möglichkeiten bewirken wieder neues Wissen. Der Kreislauf des Wissens im digitalen Zeitalter. Oder der so genannte Informationalismus. Entwickelt von Manuel Castells, einem spanischen Soziologen und Medientheoretiker. Er verfasste ein Standardwerk mit dem Titel: Das Medienzeitalter.

 

Als Diskussionsergebnis aus den Vortrag von Prof. Dr. Ulrich Deller stehen die digitalen Medien allerdings auch in einer gewissen Kapitalismuskritik, weil zum Beispiel Google und Facebook nicht das Interesse an Bildung haben, sondern das Sammeln (Datamining) und die Nutzung dieser Daten (für selbstfahrenden PKW zum Beispiel) und der Verkauf der Daten an interessierte Unternehmen (Marketing, Statistik zum Beispiel) im Vordergrund stehen. Es ist ein weltweites Geschäftsmodell, das sehr viel Profit generiert.

 

Das World-Wide-Web werde bezüglich Bildung überschätzt. „Wikipedia“ zum Beispiel sei undifferenziert und nicht von Fachleuten besetzt.

Jaron Lenier ist ein US-amerikanischer Informatiker, Komponist und Autor. Er kritisiert die so genannte Schwarmintelligenz von „Wikipedia“. Die erzeuge keine Wahrheiten, sondern höchstens allgemeine Meinungen einer anonymen Masse ohne persönliche Kompetenz und Verantwortung.Prof. Dr. Ulrich Deller Februar 2018

 

Dennoch sind die digitalen Medien wichtig für einen modernen Bildungsprozess! So lautete die überwiegende Meinung der SeminarteilnehmerInnen. Diese Meinung brachte Prof. Dr. U. Deller zu der Erkenntnis, das die digitale Welt differenzierter gesehen werden muss als bisher.

 

Zirka 900 Kompetenzen sind im europäischen Bildungskatalog EQR aufgeführt.

Es gibt heute leider zu viel zweckorientierte Bildung und Ausbildung. Das bedeutet auch einen erheblichen Zeit- und Lerndruck auf die Lernenden und die Lehrenden. Menschen sind aber keine Wissensmaschinen.

Da ist ihr Satz: ‚Bildung findet heute nicht mehr auf der Straße statt, sondern in Seminarräumen‘ provokant. Gelernt wird nur noch das, was gefordert wird. Aber nicht mehr am Arbeitsplatz für diese Tätigkeiten, sondern in separierten Schulen und Organisationen.

Bildung im humanistischen Sinne als Verfeinerung der Persönlichkeit, des Benehmens hin zum Menschsein rückt leider in den Hintergrund. Bildung ist hier nicht eindimensional, sondern ganzheitlich.

 

Dennoch ist das so genannte Lebenslange Lernen nach dem UNESCO Bericht „Lifelong learning“ (1974) des französisches Politikers Edgar Faure bis heute bedeutend.

 

Gleichzeitig kommt der non-formellen Bildung immer mehr Bedeutung zu. Sie ist fließend mit der informellen Bildung – aber wichtig für einen ganzheitliche Bildungsbegriff. Teil der non-formellen Bildung sind zum Beispiel die Gewerkschaften, die frei in der Gestaltung von Seminaren sind und zu denen auch die Lernenden freiwillig gehen.

 

 

Am Ende des Seminars konnten die SeminarteilnehmerInnen auf einem so genannten Erkenntnisbaum ihre Auswertungen, Wünsche, Forderungen und Erfahrungen aufschreiben. Hier einige Beispiele im Original: Systematisierung der Didaktik/Methodik; Ein Referent, der mit der Gruppe in die Tiefe geht; gute Beispiele; Straßeninterviews; Videoclips; praktische Interventionen; TeilnehmerInnen einbinden.

Die TeilnehmerInnen und VeranstalterInnen haben bezüglich Bildungsarbeit/Seminare beschlossen, in einem interkulturellen und via digitaler Onlinemedien im Kontakt zu bleiben und ihre Erfahrungen aus den hier gewonnenen Erkenntnissen auszutauschen, zu beratschlagen und neue Ideen vorzustellen.

 

Für die SeminarteilnehmerInnen sind vor allem innovative Seminarmethoden wichtig. Die können gut im Alltag umgesetzt werden. Rollenspiele, Einbau von Betriebsbesuchen, Erlebnis-Workshops, das partielle Einbeziehen von digitalen Medien – um sich zum Beispiel in geschlossenen Gruppen online über Seminaraspekte frei austauschen zu können. Eventuell auch das gemeinsame Erarbeiten einer Ergebniskontrolle des Seminars mit Feedback. In Ihrer Konsequenz sind offene Seminarstrukturen viel besser umsetzbar.

 

Für die Veranstalter eines Seminars ist darüber hinausgehend die Erkenntnis gereift, das für den Seminaralltag neben dem reinen Vortragen von Wissen multimediale und digitale Elemente eingezogen werden müssen. Die Seminare sollen in ihrem zeitlichen Ablauf freier sein, um ein oder zwei Tage verlängert werden können. Moderne Methoden können dann eingebaut, bereits während des Seminars kann reflektieren werden. Der Prozess des Lernens und des Lehrens kann an einen überraschenden Verlauf angepasst werden.

In der Konsequenz entsteht dadurch eine so genannte nachhaltige Win-Win-Situation und der zunehmenden Bedeutung von non-formeller und informeller Bildung wird mehr Raum gelassen. Eine Ergebniskontrolle vielfältiger und gezielter.

 

Dieses Seminar in Herzogenrath hat übrigens das Element der Anpassung bereits eingebaut und den Ablauf umgestellt bzw. ergänzt. Die vorgestellten Methoden wurden sofort umgesetzt. Zum Beispiel die Veranstaltungsplanung in Form der Peer-to-Peer – Methode, in der sich die einzelnen Teilnehmerinnen in spontanen Gruppen zusammenfanden, um so die Aufgabe zu lösen; die Blitzlichtrunde und eine so genannter Erkenntnisbaum – der Erfahrungen, Wünsche und Forderungen enthält.

 

Bei allen an diesem Seminar teilnehmenden Menschen ist auch die Gewissheit gereift:

Keine Angst vor neuen Wegen in der Bildungsarbeit. Weniger ist mehr. Einfache Seminarstrukturen lassen Spielraum für neue Erkenntnisse und machen flexibel. Eine gewisse „Leichtigkeit“ - weg vom so genannten „Lern- und Lehrdruck“ und vom Zeitdruck ist gut für die Freunde am Lernen und Lehren und fördert die Seminarziele und die Ergebniskontrolle erheblich.

Neben der Kritik an den digitalen Medien ist aber auch die Erkenntnis bei den SeminarteilnehmerInnen gereift, dass sie, ob offline oder online, verantwortungsvoll eingesetzt werden müssen und nicht abzulehnen sind. Diese Meinung brachte Prof. Dr. U. Deller zu der Erkenntnis, das die digitale Welt differenzierter gesehen werden muss als bisher.

 

 

 

 

Text und Fotos von Axel Gauster. © 2018 Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

Fotonachweis (von oben nach unten):

Prof. Dr. Ulrich Deller

Ilona Arcaro M.A.

 

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