URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Die Sendemanuskripte sind urheberrechtlich geschützt und dürfen vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Radio/Videofeature SendemanuskriptInterview Ioan Bud

Radio/Videofeature SendemanuskriptInterview Dr. Gusat Dorel

Radio/Videofeature SendemanuskriptInterview Michael Mertens

Radio/Videofeature SendemanuskriptVideoFeature Kohlerevier Niederrhein

Radio/Videofeature SendemanuskriptVideoFeature Rheinisches Revier

Radio/Videofeature SendemanuskriptInterview Jürgen Klosa

Radio/Videofeature SendemanuskriptInterview Paul Schmitz-Kröll

Radio/Videofeature SendemanuskriptInterview Oliver Walther

Radio/Videofeature SendemanuskriptInterview Peter Steingass

Radio/Videofeature SendemanuskriptInterview Paul Breuer und Thomas König

 

 

 

 

 

More coming soon. Be calm.

 

 

 

 

Interview (Videofeature) Ioan Bud

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Interview (Videofeature) mit Ioan Bud, Go Green Resources Association, Baia Mare/ Rumänien am 30.8.2024 in Baia Mare/Rumänien

 

 

Sprecher

In Ihrem Titel geht es ja um Lebensqualität und die hängt auch von der Qualität des Umfeldes ab. Was meinen Sie denn mit Umfeld?

 

Ioan Bud

Wir zeigen das an der Stilllegung der Bergwerke. Es geht um die Schwermetalle, die sich weiter verbreiten. Sie gelangen in das Grundwasser und wir trinken dann dieses Wasser.

Wir wissen, dass sie der Gesundheit schaden. Und wenn wir keine gute Gesundheit haben, ist mein ganzes Lebens in Gefahr. Ein anderer Fall: Wenn wir toxische Abfälle verbrennen, Plastik,Textilien oder organische Materialien – dann strömen die Abgase in die Luft und beeinträchtigen unsere Gesundheit.

 

Sprecher

Sie haben in diesem Zusammenhang ein Stichwort genannt: Sie sprechen von einem unvernünftigen Umweltschutz in Rumänien.

 

Ioan Bud

Leider wurden die Gesetze nicht beachtet und nicht erfüllt. Als die Bergwerke geschlossen wurden, wurden die Gesetze nicht geachtet. Uns das bedarf auch die unterirdischen Arbeiten und die Absetzbecken. Die Regeln wurden nicht erfüllt. Als Ingenieur kann ich sagen: Wir haben Normen und Gesetze. Wir haben sie ignoriert.

 

Sprecher

Nun geht es ja letztlich um den Menschen. Die haben die Umwelt zerstört. Sie haben gesagt: Es muss erst eine Entwicklung stattfinden – in der Technik und vor allem in den Köpfen der Menschen, bevor echter Umweltschutz stattfinden kann.

 

Ioan Bud

Also zunichte brauchen wir eine Philosophie, eine Vision. Es gibt einen Artikel auf meiner Internet-Seite, in dem ich mir die verschiedene Länder angesehen habe. Diese Länder haben eine Vision, eine Strategie. Darauf hin haben sie Gesetze verabschiedet. Und dann kam eine tatsächliche Entwicklung. Es ist wie im Privatleben. Es gibt gewisse Grundsätze, eine bestimmte Philosophie. Und das alles übersetzt sich in das Leben selbst. Man könnte sich ständig beklagen darüber – das man arm ist in einen reichen Land.

 

Sprecher

Können die Umweltprobleme in Rumänien gelöst werden?

 

Ioan Bud

Ich möchte die Hoffnung nicht aufgeben. Meine Freunde nennen mich einen Idealisten. Aber Ich glaube es ist nicht utopisch. Nicht alles ist verloren. Das rumänische Volk ist nicht verloren. Ich habe zusammen mit meiner Tochter und zwei Freunden einen Besuch vor Ort gemacht. Dafür brauchten wir einen Geländewagen. Und meine Tochter sagte: Du machst immer so verrückte Sachen. Uns sind sehr viele Gefahren begegnet. Auch gefährliche Tiere. In den letzten Jahren habe ich meine Ferien und Ersparnisse für den Erhalt der Umwelt und für die Aufklärung verwendet.

 

 


Interview (Videofeature) Dr. Gusat Dorel

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Interview (Videofeature) mit Dr. Gusat Dorel, Universität Cluj-Napoca/Rumänien am 29.8.2024 in Baia Mare/Rumänien

 

Sprecher

Es gibt ja viele Formen der Transformation, beispielsweise eine neue Natur schaffen, neue Seen schaffen, neues Gewerbe schaffen, Technologiezentren aus ehemaligen Steinkohle, Bergbau. Aber es gibt eben auch die Möglichkeit, mit dem Bergbau in eine neue Zukunft zu kommen, indem man seltene Erden findet und fördert und ein Endprodukt erstellt. Und von diesen seltenen Erden gibt es doch einiges in Ihrem Land Rumänien. Können Sie mir etwas dazu erzählen?

 

Dr. Gusat Dorel

Gott sei Dank, dass wir die haben. Und wir wissen das.Es ist nicht das gleiche, wenn du etwas hast und du weißt nichts darüber und verstehst nicht, wie wichtig sie sind. Oder hast du sie, das ist ein Element, das dir etwas beibringen kann. Was heißt beibringen? Es heißt neue Technologien, Wissen beziehungsweise Geld. Ich habe gesprochen über ein Endprodukt. Was heißt das Endprodukt? Wir haben das Material, das Element. Aber wir haben nicht die nötige Technologie, ein Endprodukt zu erschaffen. Das ist ja ein Problem. Weil, wenn du ein Endprodukt hast, dann schaffst du andere Arbeitsplätze rund um einen Bergbaubetrieb. Ein Bergbaubetrieb heißt - es nicht nur zu gewinnen oder zu aufbereiten und zu transportieren und andere Services - sondern es heißt zum Schmelzen zum Beispiel. Das ist eine andere Industrie. Dann heißt es, Chemiker, Ingenieure müssen arbeiten. Elektroingenieure. Also rund um jeden einzelnen Bergbauarbeitsplatz sind mindestens 10 andere Ingenieure, die zusammenarbeiten müssen. Das gehört zu diesem, sag ich mal, zu diesem Transformationsprozess.

 

Sprecher

Das gehört zu diesem Transformationsprozess im Sinne von Green Deal, was ja hier dieses Hauptthema ist. Dazu gehört ja, dass auch den Menschen, die hier leben, die auch hier verwurzelt sind, das ist ja ihre Heimat, etwas davon haben. Erklären Sie mir das?

 

Dr. Gusat Dorel

Es ist ja sehr richtig. Es heißt nicht nur, dass wir das Element gewinnen und dann verkaufen, sondern was in die Produktionsindustrie eines anderen Unternehmens investiert wird. Also mit dem Geld, das wir bekommen, wenn wir das Element verkaufen, muss investiert werden in eine andere Technik oder andere Ausbildung und so weiter, um ein neues Produkt zu erstellen. Und wie stark das neue Produkt die Umwelt belasten wird. Es ist ein Life-Cycle-Analysis. Das ist sehr wichtig. Was für ein CO2-Ausstoß das neue Produkt haben wird. Wenn wir an Solarzellen denken, was passiert, wenn am Ende, nach 25 Jahren, 30 Jahren - was machen wir mit dem Abfall am Ende? Es gibt jetzt in die Richtung Recherchen und es gibt viele Recherchen, die fragen - was passiert mit diesen Abfällen danach.

 

Sprecher

Also das Ideale ist ja, man findet eine sinnvolle Abfallbewertung. Man stellt über eine seltene Erde Endprodukte her, beschäftigt neu ausgebildete oder bereits vorhandene Menschen, schult sie um. Und schützt gleichzeitig die Umwelt. Das wäre ja dann quasi, sag ich jetzt mal, Bergbau 2.0?

 

Dr. Gusat Dorel

Genauso wie zum Beispiel in Agriculture 4.0 zum Beispiel. Aber bei uns vielleicht reicht es nicht aus, 2.0 zu haben. Vielleicht 10.0. Weil wir nicht nur von unseren Planeten, sag ich so, abbauen. Wir müssen nur hinaus denken, was im All existiert. Und da sind wir nicht nur 2.0, sondern wir müssen an 10.0 denken. Dafür brauchen wir die Elemente, die chemischen Elemente, die in der Mendelejew -Tabelle existieren, brauchen Kombinationen von denen. Die können nicht umgesetzt werden. Die existieren einfach. Okay, können wir vielleicht neue Elemente erschaffen, durch physikalische und chemische Reaktionen. Aber zum Beispiel Kupfer. Das ist nicht ein seltenes Element. Aber es ist ein kritisches Element, Metall für die Urbanisierung.

 

Sprecher

Warum tut sich Rumänien so schwer, über diesen Weg nachzudenken?

 

Dr. Gusat Dorel

Weil nach der Wende, als der Staat nicht mehr so stark investiert hat, das Geld investiert hat in die Bergbauindustrie, war es ja sehr schwierig, tausende von Menschen zu entlassen und neue Arbeitsplätze zu schaffen, gleichzeitig. Das, was Sie dargestellt haben in Ihrem Video (Anmerkung: „Die Zeche Carolus Magnus“, „Das Rheinische Revier“) sind 30 Jahre Erfahrung. 30 Jahre. Und in diesen 30 Jahren ist in Rumänien ja nichts passiert in die Richtung. Und deswegen müssen wir bei dem sozialen Aspekt vielleicht ehrlich sein. Diese Transformation ist für uns ja vielleicht zu spät. Unsere Diskussionen hier mit Ihnen, in diesem Raum, ist vielleicht zu spät für uns. Deswegen müssen wir umdenken, um die neuen Generationen zu transformieren. Nicht uns selber, sondern die neuen Generationen.

 

Sprecher

Nun sitzen hier auch sehr viele GewerkschaftsvertreterInnen. Die kennen sich ja mit dem Sozialen bei Menschen und Arbeit aus.

 

Dr. Gusat Dorel

Das, wie die Frau Franziska sehr schön gesagt hat, es muss sich nicht nur das Privatgewerbe einsetzen. Also die ganze Belastung, immer wenn etwas neu erschaffen werden kann, man sagt immer, ok, müssen die Privaten machen. Die haben Geld. Es ist nicht so. Es muss eine soziale Richtigkeit sein, zwischen dem Staat und dem Privatgewerbe. Also eine Partnerschaft. Weil im Mittel der Partnerschaft sitzt der Mensch. Und diesen Menschen ist es immer egal, ob das Geld vom Staat kommt oder vom Privatgewerbe, soweit er richtig bezahlt wird.

 


Interview (Videofeature) Michael Mertens

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Interview (Videofeature) mit Michael Mertens, stellv. Vorstandsvorsitzender GdP Berlin am 31.8.2024 in Sighetu Marmatei/Rumänien

 

Sprecher

Sie haben davon gesprochen, dass die Katastrophen durch den Klimawandel eine große
Herausforderung für die Polizei ist. Was verstehen Sie darunter? Haben Sie da ein kurzes Beispiel?

Michael Mertens
Klimawandel, Energiewende strapaziert die Polizei gleichermaßen wie die Bevölkerung. Auf der einen Seite sind wir mittendrin in den politischen Konflikten. Dem Einen geht es mit dem Klimawandel beziehungsweise der Energiewende nicht schnell genug. Die Anderen haben Sorge um ihre Existenz, um ihre Arbeitsplätze. Und genau mitten in diesem politischen, gesellschaftlichen Diskurs steht die Polizei. Großes Beispiel bei uns, ich glaube, das brauche ich nicht näher erläutern, ist der Tagebau Hambach und die Räumung. Und auch die Räumung von Lützerath und der Abriss von Lützerath rund um den Tagebau in Hambach als auch in der großen Diskussion in Lützerath.

Sprecher
Sie haben auch gesprochen von der Kommunikation, die es ja nur gibt, wenn Energie, sprich Strom vorhanden ist. Sie haben ein Schlagwort genannt, Powercut haben Sie es genannt. Erklären Sie das doch noch einmal bitte, was Sie darunter verstehen.

Michael Mertens
Ja, wir alle wissen noch, was passiert ist im Sommer 2022 rund um die Flutkatastrophe im Ahrtal. Die Katastrophe hat ja auch NRW erreicht und auf einmal waren in den Regionen kein Strom mehr da, keine Telefonie mehr möglich, keine mobilen Telefonate mehr möglich. Und das betraf auch die Liegenschaften der Polizei. Und ohne Kommunikation
mit unseren Streifenwagen und anderen können wir nicht arbeiten. Darauf sind wir angewiesen. Und ein ganz banales Beispiel. Wenn man ein Notstromaggregat im Keller deponiert, dann ist das gut, wenn es ein Erdbeben gäbe oder einen Sturm.
Aber bei einer Flutkatastrophe ist das extrem kritisch. Und daraus mussten und werden wir unsere Lehren ziehen für die Zukunft. Auch das ist ein großes Thema. Vielleicht noch ein Gedanke auch zum Klimawandel. Immer heißere Sommer bedeutet auch für meine Kolleginnen und Kollegen: Im Rahmen der Schutzausstattung müssen wir Dinge denken, wie wir unsere Überhitzung der Körper reduzieren. Wer in Lützerath eingesetzt war, bei den unterschiedlichen Einsätzen im Hochsommer, der weiß, wie hart es ist bei über 30 Grad im Sommer die normale Uniform der Polizei und die Einsatzanzüge zu tragen.

Sprecher
Es herrschen ja heute Spannungen durch den Klimawandel und durch ähnliche Dinge.
Zum Beispiel Arbeitsplatzverlust. Der Green Deal soll ja alles erneuern. Menschen
verlieren ihre Arbeitsplätze und so weiter. Sie haben gesagt, das sei ein großes Konfliktpotenzial, weil die Polizei dort im Mittelpunkt steht. Also beispielsweise: es gibt mehr Demonstrationen, es gibt mehr Gewalt, es gibt Hass, es gibt Unzufriedenheit und
das äußert sich dann natürlich draußen. Sehe ich das richtig?

Michael Mertens
Wir als Polizei stehen immer im Mittelpunkt dieser Konflikte, dieser Auseinandersetzung. Wenn es Demonstrationen gibt, muss die Polizei herhalten, diese Demonstrationen zu schützen, Gegendemonstrationen ebenfalls zu schützen. Das ist ein Konflikt. Und in jeder Uniform steckt auch ein Mensch. Und dieser Mensch macht sich auch Gedanken
um die Zukunft dieser Welt. Gerade unsere jungen Menschen machen sich da Gedanken, aber auch das muss man deutlich sagen, das wissen die jungen Menschen auch. Es gibt ein ganz klares Neutralitätsgebot bei deutschen Einsätzen. Das beherrschen auch unsere Kolleginnen und Kollegen und beherzigen es vor allen Dingen auch. Aber sie sind auch Menschen, machen sich Angst oder Sorgen, Gedanken um ihre Zukunft.

Sprecher
E-Mobilität. Die steht bestimmt auch bei Ihnen auf dem Programm. Also all die neuen Techniken, die es erlauben von den fossilen Stoffen, Energieträgern wegzukommen. Wie ist das denn? Kriegen Sie das alles? Ist das Sache der Länder? Ist das Sache des Bundes? Erzählen Sie doch mal.

Michael Mertens
Die Energiewende bei der Polizei ist extrem spannend. Politik verlangt auf der einen Seite von der privaten Wirtschaft, von den Bürgerinnen und Bürgern, dass sie sich dem Thema stellen, dass sie Photovoltaikanlagen installieren, sich weitergehende Gedanken machen. Wenn sie Arbeitgeber sind für den öffentlichen Dienst, somit auch für die Polizei, tut man sich damit schwer, die finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen und die Prozesse einzuleiten. Wir werden als Polizei heute nicht unseren Fuhrpark umstellen können auf Elektromobilität. Das funktioniert noch nicht. Aber wir können zumindest mal unsere Dienstgebäude mit Photovoltaikanlagen ausstatten, die Vorbereitung treffen und vielleicht den einen oder anderen Dienstwagen nutzen mit Elektromobilität. Das wäre zumindest mal ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Sprecher
Sie haben gesagt: ‚Die heutigen politischen und Krisenflüchtlinge sind morgen unter Umständen die Klimaflüchtlinge.‘ Sie haben das nochmal betont zum Schluss, weil das ganz wichtig ist. Das sei auch eine große Herausforderung für die Polizei. Können Sie mir dazu noch etwas erzählen?

Michael Mertens
Ja, heute in dieser Zeit reden wir viel über Flüchtlinge, politische Flüchtlinge. Das Thema ist ein ganz großes, gerade jetzt in diesen Tagen. Auch in Deutschland. Und wenn wir gerade mal überlegen, was in der Welt mit dem Klima passiert, dann ist es aus meiner Sicht nur eine Frage der Zeit - nach vorne geschaut - bis die ersten Menschen nicht mehr genügend Wasser haben, um zu leben. Und dann gibt es vielleicht irgendwann mal auch Klimaflüchtlinge, die einfach einen neuen Lebensraum suchen, um ihr Leben zu gestalten. Und da könnte Europa nochmal größer ein Ziel werden für Menschen, um hier zu leben. Ein Thema, dem wir uns stellen müssen. Und wir sollten vorausschauend denken, dass wir für deren Lebensraum, die jetzt gerade darum zittern und vielleicht irgendwann vielleicht nicht genug Wasser haben, jetzt schon sichern, damit wir in Zukunft diese Klimaflüchtlinge verhindern.

 


VideoFeature Kohlerevier am Niederrhein

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Text: Rainer Rißmayer

bearbeiteter Text für Video und Sprecher: Axel Gauster

Videofeature ‚Kohleregion am Niederrhein‘

 

Sprecher

Wir freuen uns sehr mit einigen Beispielen Transformationsprozesse aus unserer

Region vorstellen zu können.

Diese Grenzregion zwischen Deutschland/Niederlande und Belgien verläuft im Umkreis von zirka 60 km um die Stadt Aachen. Hier gab es eines der größten Steinkohlereviere Europas: Das limburgische Kohlerevier.

Mehr als 20 Steinkohle-Minen auf deutscher Seite. Mehr als 30 Zechen auf der niederländischen Seite. Und in Belgien weitere Gruben rund um die Stadt Genk.

Bereits die Römer bauten Steinkohle ab. Die ersten größeren Kohlegruben entstanden im 14. Jahrhundert. Sie wurden nach und nach geschlossen. Am 30. Juni 1997 wurde die letzte Mine geschlossen: Sophia Jacoba in Hückelhoven.

Neben der Steinkohle findet sich in dieser Region auch das größte Braunkohlegebiet Europas und eines der größten in der Welt: Das Rheinische Braunkohlerevier. 17 Tagebaugebiete sind bereits still gelegt. Die letzten 3 Abbauregionen – Garzweiler II, Hambach und Linden – und ihre Kraftwerke - schließen im Jahre 2030.

Transformation ist in unserer Region allgegenwärtig. Für die Steinkohle gibt es bereits viele abgeschlossene Projekte. Zwei Transformationen stellen wir vor: Die Zeche Carolus Magnus in Übach-Palenberg und die noch nicht ganz abgeschlossene Geländenutzung der Grube Anna in Alsdorf.

Als Ergänzung zu dem Bericht von Manfred Maresch und die Vorstellungen von Dr. Manfred Körber und Chris Löw aus den zwei letzten Seminaren gehen wir auf die aktuelle Situation zur Transformation der Braunkohle ein.

 


VideoFeature Rheinisches Revier

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Text: Rainer Rißmayer

bearbeiteter Text für Video und Sprecher: Axel Gauster

Videofeature ‚Das Rheinische Revier

 

Sprecher

Das Rheinische Revier – oder offiziell das Rheinische Braunkohlerevier – ist das größte Kohlerevier in Europa.

Zuerst wurde Braunkohle nur als Grundstoff für die Farbherstellung gewonnen. Ende des 17. Jahrhunderts entdeckte man, dass die nasse, unbrauchbare Schicht, die bei der Tongewinnung für die Keramik-Industrie im Brühler und Frechener Raum über der Tonschicht lagerte und abgeräumt werden musste, nach der Trocknung brennbar war.

Diese torfähnliche Substanz – auch Turf genannt – wurde aus kleinen Gruben von Kleinbauern und Tagelöhnern mit Hacke und Spaten ausgegraben. Eigentümer dieser Gruben waren die Grundherren. Diese Braunkohle wurde in Töpfen zu Klütten – (Klumpen – niederdeutsch Kluit) verdichtet und im Sommer an der Luft getrocknet. Sie hatten allerdings einen geringen Heizwert. Verkauft wurden die Klütten in der Stadt an arme Leute. Bis in die 1920 Jahre wurde auf diese Weise Braunkohle abgebaut.

Die Gewerkschaft Maria Theresia zu Herzogenrath baute im Jahre 1888 die erste Brikettfabrik. Quasi in direkter Nachbarschaft zum Nell-Breuning-Haus.

Die Abbau der Braunkohle machte viele technische Fortschritte: Der erste Abraumbagger für den Bau des Nord-Ostsee-Kanals wurde 1895 in der Grube Donatus eingesetzt. Der erste Schrämbagger zum Kohleabbau kam 1907 in der Grube Gruhlwerk zum Einsatz. Er hatte den Namen „Eiserner Mann“. Im Jahre 1909 waren bereits vier Kohlebagger in 29 Gruben im Einsatz. Und im Jahre 1913 hatten nur noch drei Gruben keine Bagger.

Der Tagebau Zukunft und das erste Kraftwerk Weisweiler gingen im Jahre 1914 in Betrieb.

Das Kraftwerk bezieht bis heute die Braunkohle aus dem Tagebau Inden. Die Transformation vom stillgelegten Tagebau Zukunft ist allerdings fast abgeschlossen. Wo früher der Tagebau war, ist heute der Blausteinsee. Er ist 100 Hektar groß und 46 Meter tief. Er wird hauptsächlich für Erholung und Sport genutzt. Badestrände, Gastronomie, Yachthafen, Wanderwege und Wälder sind entstanden.

Seit 1994 werden jedes Jahr 3,8 Millionen m³ Wasser aus Sümpfungsbrunnen des Tagesbaus in den in den See gepumpt. Dadurch bleibt sein aktueller Pegel stabil. Bis 2061 wird dieses Sümpfungswasser in den Blausteinsee fließen. Sagt die Städteregion Aachen.

17 Braunkohlegruben sind mittlerweile geschlossen und rekultiviert. Dennoch wurde durch die Umstellung auf Großtagebau und moderne Technik die Rohkohleförderung im Rheinischen Revier ausgebaut. 1984 wurden zirka 120 Millionen Tonnen abgebaut. Die absolut höchste Menge. Seit 2002 liegt die Jahresförderung bei zirka 100 Millionen Tonnen. Die Leistung aller rheinischen Braunkohlekraftwerke lag im Jahre 2022 bei 7 Gigawatt Strom. Zirka 7000 Arbeitsplätze gibt es bei RWE Power. Und weitere 14000 bei Lieferanten und Dienstleistern sind bis heute von der Braunkohle abhängig.

Bei der Transformation geht es also nicht nur um die Erneuerung der Landschaft – aus den Tagebaugebieten wird eine der größten Seenlandschaften Europas – in Deutschland ist nur der Bodensee größer. Es geht gleichzeitig um die Energiewende – in Deutschland wird zirka 30 Prozent Energie aus Wind und Sonne gewonnen. Und es geht um die Ansiedlung neuer Arbeitsplätze in der Region.

Auf der Bundesebene gibt es eine Allianz für die Transformation mit verschiedenen Akteuren. Dazu gehören zum Beispiel die nationalen Gewerkschaften. Und vor Ort die Zukunftsagentur Rheinisches Revier.

Mit diesen Projekten und den Schwerpunkt auf Wasserstoff-Technologie werden nicht alle Arbeitsplätze der Kohle ersetzt werden, aber sicherlich eine ganz beachtlicher Teil.

 

 


Interview (Videofeature) Jürgen Klosa

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript  (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Interview (Videofeature) mit Jürgen Klosa Autor, Chronist

in Übach-Palenberg 15. März 2024

Thema: Transformationsbeispiel Zeche Carolus Magnus - Geschichte

 

Sprecher

Wie viel Menschen waren denn hier eigentlich beschäftigt im Jahre 1962?

 

 

Jürgen Klosa

Also im Jahre 1962 waren noch etwa 2000 hier beschäftigt. Vier oder fünf Jahre vorher waren es noch zirka 3000. Und als man eben hier kommuniziert hat, dass man nicht länger durchhält, hat man sich natürlich auch mit der Gemeindeverwaltung auseinander gesetzt und sie informiert. Es wurde ein Stilllegungsausschuss gegründet, um eben, sage ich einmal, die Kumpels, die ins so genannte Bergfreie fallen würden – das heißt also Menschen, die jetzt nach einer Arbeitsstelle suchen, dass man ihnen Perspektiven bieten kann. Das man eben vielleicht auch zu anderen Zechen den Weg öffnet und eben diese Sache so weit als möglich sozial abgefedert von statten gehen lassen kann.

 

Man muss noch sagen: Die Stilllegungspläne, die Sozialpläne – wie sie dann später beim Eschweiler Bergwerksverein (EBV) Realität wurden, waren Anfang der sechziger Jahre so gut wie gar nicht vorhanden. Und das hat Dr. Gottlob, der ehemalige Geschäftsführer der Gewerkschaft Carolus Magnus, immer beklagt, dass der EBV aus dem Vollen konnte mit seinen Gruben, die er still legte, aber hier die Gruppe Carolus Magnus sehr stiefmütterlich behandelt wurde. Insofern ist das Wunder, das die ganze Belegschaft hier irgendwo eine Perspektive hatte - man muss wissen: 30.9. Stilllegung und am 1.10. sind viele Kumpel hier zur Firma Schlafhorst gegangen, die auch im Vorfeld hier sich ansiedeln konnte – also das war auch ein sehr glücklicher Zufall.

 

Später sagte einmal die Werksleitung: ‚Die Kumpel – dass waren alles sehr tolle Arbeitskräfte, weil sie konnten improvisieren, sie konnten auf Probleme eingehen, weil sie hatten das ja gelernt von unter Tage.‘ Wenn man 600 Meter unter der Erde ist, dann kann man nicht einmal eben jemand holen und sagen’ bring mir mal dies oder das’. Man musste immer improvisieren. Und als hat für die Belegschaft der Firma Schlafhorst, die auch als großer Aufnehmender von den Arbeitskräften gedient hat, einen großen Vorteil gebracht hat.

 

 

 

Sprecher

Die Firma Schlafhorst – was hat sie produziert?

 

 

Jürgen Klosa

Textilmaschinen hat sie. Ja, und bei den Werkleuten gab es natürlich auch viele Mechaniker und Leute, die praktisch mit technischen Abläufen zu tun hatten und man hat also praktisch in einer relativ sehr kurzen Zeit dort auch gute Fachkräfte generieren können, weil natürlich muss man dann umschulen und man muss sich auf neue technische Zusammenhänge einstellen, aber die Kumpels, die dort praktisch dann von hier, von Carolus Magnus nach Schlafhorst gegangen sind, schienen ihre Arbeit sehr

gut gemacht zu haben und das auch verstanden zu haben. Nun haben Sie mir vorhin erzählt, im Vorgespräch, dass trotzdem auch die Bergleute verteilt wurden auf andere

Zechen.

 

 

Sprecher

Können Sie mir bitte noch etwas dazu sagen, was das heißt?

 

 

Jürgen Klosa

Ja, als es eben hieß, wohin können die Kumpels gehen, hatten sie natürlich das Glück, dass hier im Umkreis alle EBV Zechen, wie die Grube Adolf, die Grube Anna, dann war noch Gouley existent und die Zechen des EBV haben dann viele Fachkräfte übernommen, inklusive der Zeche Karl Alexander, die damals noch nicht zum EBV gehörte, die kam erst 1975 dazu. Und das war natürlich ein großes Glück, dass die Kumpels, die ja auch jetzt nicht über die Mobilität wie heute verfügt haben, dann eben nur ein paar Kilometer fahren mussten, um zum neuen Arbeitgeber, zum neuen Arbeitsplatz zu finden. Und das war natürlich ein großer Vorteil, auch für diese Abfederung, die dann für

die Menschen praktisch eine Existenzsicherung bedeutete. Und dann eben, dass sie nicht zum Arbeitsamt dann gehen mussten.

 

 

Sprecher

Noch eine Frage zum Anfang dieser Zeche. Die ist ja Anfang des des letzten Jahrhunderts gewesen. Wie waren eigentlich die Eigentumsverhältnisse? Wer hat das bezahlt, wer hat das finanziert, wer hat das betrieben? Denn das ist ja eine sehr große Zeche gewesen hier.

 

 

Jürgen Klosa

Also, die ersten Besuche aus Frankreich fanden 1910 statt, die Investoren. Und die haben dann vom Eschweiler Bergwerksverein, dem gehörten die Schürfrechte, diese Schürfrechte abgekauft, um eben eben eine Zeche für ihren eigenen Energiebedarf in Lothringen und so weiter oder woanders, also in ihrem Konzernbereich zu haben. Dass sie praktisch nicht irgendwo dann teure Kohle kaufen brauchten. Ja, und dann hat dann haben dann die Franzosen hier die schwierige Aufgabe, muss man wirklich sagen, die

schwierige Aufgabe bewältigt. Man muss nämlich wissen, hier unter diesem Boden sind 400 Meter Feinsand. Und der Eschweiler Bergwerksverein, der wusste das. Auf der Grube Adolf gab es 120 Meter Feinsand als Deckgebirge. Und das war schon schwer, da durchzukommen, weil man musste durch ein Gefrierverfahren den Sand starr machen,

damit man überhaupt durch konnte. Und hier direkt 400 Meter. Die vom Eschweiler Bergwerksverein, muss ich Ihnen sagen, die waren froh, dass sie das los waren, weil sie mit dem Geld dann eben die Teufe der Grube Adolf, die zur gleichen Zeit runter gefahren

wurde, übernehmen konnten. Also das war für die, sag ich mal, ein Geschäft. Also wirklich ein wirkliches Geschäft. Und im Nachhinein muss man sich wundern, dass die Franzosen das mitgemacht haben. Vielleicht haben sie nicht so viel Ahnung gehabt, wie man hier teuft, über 400 Meter, bei schwierigsten Verhältnissen im Gefrierverfahren. Aber es hat jedenfalls geklappt.

 

Die DGB-Gewerkschaften waren ja hier aktiv. Es war jetzt auch nicht allzu viel, sag ich mal, politischer Druck notwendig, weil die Firma Carolus Magnus sehr sozial war.Sie kümmerte sich um Vereine. Die Leute hatten einen überdurchschnittlich

komfortablen Wohnungsbau den Menschen angeboten. Also es war immer klar, dass die

Gewerkschaft Carolus Magnus eben um die Arbeitskräftebindung zu haben, zu erhalten, immer sehr sozial war. Arbeitsdirektor Koch. Der wurde ja auch von der Gewerkschaft

gestellt und der hat immer auch mit der Werksleitung vertrauensvoll zusammenarbeiten können. Also es war eine Miteinandersituation im weitesten Sinne. Weil die Lösungen, die die Werksleitung angeboten hat und weil der Stilllegungsausschuss, der Großgemeinde

Übach-Palenberg und all diese Bemühungen im Grunde von der Gewerkschaft alleine und

besser gar nicht hätte machen brauchen. Dass man natürlich zu den Betriebsräten, dass die Gewerkschaft zu den Betriebsräten auf Anna, auf Adolf und auf den anderen Gruben,

zu den anderen Gruben eine Verbindung gehabt hat. Das war klar und da hat man natürlich dann auch auf der kleinen Ebene zusammengearbeitet. Und man hat über die Schiene, also praktisch mit den Betriebsräten und den Gewerkschaftskollegen natürlich das Maximale versucht herauszuholen. Übernimmt doch mal von uns so und so viel.

Versucht doch was ihr machen könnt und so weiter. Also da hat man eigentlich immer an einem Strick gezogen.

 

Also die Sanierung der Zeche Carolus Magnus, also das heißt der Abriss und die Umwandlung in ein anderes, wie man heute sieht, in ein anderes Konstrukt war natürlich eine sehr spezielle Sache. Also hier war ein kontaminiertes Werksgelände von der Kokerei mit Ammoniak und mit all diesen Dingen. Das wurde dann von der

Landesentwicklungsgesellschaft praktisch saniert. Die Böden wurden abgetragen, thermisch verwertet, das war ein großes Problem. Dann das andere Problem, was machen wir mit den Gebäuden, die dann hier, die wurden dann sukzessiv abgebaut.

Dann die Halde, das war eine Doppelkegelhalde und jetzt haben wir eine einfache Halde.

Das heißt also, die Firma Carolus Magnus hat dieses Gebiet, also dieses Verwaltungsgebäude und ihre anderen Gebäude auch noch nach der Stilllegung intern genutzt. Hat dann praktisch von 1980 bis 1990 ungefähr die Halde abgetragen, durchpflügt nach niederflüchtiger Steinkohle oder Kokskohle. Und hat dann eben dann 30 Jahre im Grunde genommen, Runde 30 Jahre nach der Stilllegung erst mit der Ruhe der Halde begonnen. Das einzige, was übrig geblieben ist, dieses tolle Verwaltungsgebäude.

Und das wurde dann als Technologiezentrum 1996 gewidmet.

 

 

Sprecher

Wie haben die Menschen denn hier, die Verwandten, die Freunde, der Kumpel,das denn aufgenommen, als klar war, ja diese Zeche wird stillgelegt und es werden danach große Veränderungen stattfinden mit dem Gelände? Haben Sie da eine Antwort?

 

 

Jürgen Klosa

Ja, ich habe die Antwort auch selber, ich habe sie selber miterlebt. Ich war elf Jahre und

als es dann hieß, Carolus Magnus macht zu, hier gehen die Lichter aus. Also das war so der Satz, hier gehen die Lichter aus. Das heißt also mit der Zeche Carolus Magnus würde eine Zäsur stattfinden, würde so ein kleiner Weltuntergang sich vollziehen. Also das war eine sehr düstere Stimmung am Ende des Jahres 1962. Also das war rein psychologisch gesehen hier eine sehr schwierige Zeit. Und damals regierte die CDU mit Bürgermeister Josef Fürkötter Und die SPD, die dann bis 1964 hier kein Bein auf die Erde bekommen hat, bildlich gesehen, hat sich diesem Thema angenommen und hat praktisch versucht mit allen möglichen Dingen hier Arbeitsplätze nach Übach-Palenberg zu holen, so dass sie damit auch 1964 den Wahlkampf gewonnen haben.

 

Und man muss sehen, 1967, also fünf Jahre, nur fünf Jahre nach der Stilllegung, bekommt Übach-Palenberg die Stadtrechte. Und wissen Sie warum? Weil man ihnen die Umstrukturierung nur in diesen fünf Jahren praktisch so hoch angerechnet hat, dass man gesagt hat, das ist jetzt die Stadt Übach-Palenberg. Und damit hat man das dann verbunden. Also die SPD, die dann eben daraus ein 30-jährige Mehrheit oder noch mehr generieren konnte, hat hier praktisch ein Tätigkeitsfeld kommunalpolitisch besetzt und hat es auch praktisch mit Erfolg geschafft, damals hier eine Umstrukturierung zu erreichen.

 

 

Sprecher

Aber es ist gelungen, Ihrer Ansicht nach?

 

 

Jürgen Klosa

Ja, weil wenn man an Neumann Esser denkt, wenn man an Firma Schlafhorst denkt und

wenn man an die entwickelten Gewerbegebiete denkt, da sind ja so viele Firmen gekommen, also man hat diesen Arbeitsplatzverlust, innerhalb von, ich weiß jetzt nicht, ich möchte jetzt nicht lügen, aber so 20, 25 Jahre hat man dafür gebraucht oder vielleicht sogar noch weniger. Jedenfalls die Auswärtspendler haben dann immer mehr abgenommen und die Einpendler auch dann mehr zugenommen. Das ist ja dieses Kriterium, wer arbeitet und daran konnte man das eben auch festmachen, dass diese Auswärtspendler, die Auspendler immer weniger wurden, immer weniger.

 


Interview (Videofeature) Paul Schmitz-Kroell

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript  (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Interview (Videofeature) mit Paul Schmitz-Kröll – ehemaliger Bürgermeister Übach-Palenberg

in Übach-Palenberg 15. März 2024

Thema: Transformationsbeispiel Zeche Carolus Magnus - Status 1988

 

 

Paul Schmitz-Kröll

Die ehemalige Bergbaufläche Carolus Magnus, die stellte sich noch in einem sehr desolaten Zustand dar. Man war wirklich einerseits überrascht und andererseits auch schon teilweise erschrocken, wie viel noch von dem alten Bergbau, von den Denkmälern, nicht von den Bauten und auch von Fundamenten, was auch an Rückständen alles da war und dass eben die Entwicklung da noch nicht weiter fortgeschritten war.

Das war aber in den 80er Jahren, das war Gott sei Dank für Übach-Palenberg, also der Gewinner, der gewinnbringende Aspekt, dass das Land Nordrhein-Westfalen Anfang der 80er Jahre einen Grundstücksfonds aufgelegt hatte, Grundstücksfonds Ruhr damals, für das Ruhrgebiet und die Rückzugflächen im Bergbau. Und dann 1984 kam dann noch dazu der Rhein, die Rheinschiene, bis hier an den Niederrhein, Übach-Palenberg.

Und dann bekam ich einen Anruf vom Regierungspräsidenten Antwerpes aus Köln. War natürlich für mich die Lichtgestalt, der große Kurfürst, wie man ihn immer nannte. Und da sagte der Herr Beigeordneter, hören Sie gut zu, der Wasserturm, und den kann man von hier aus ja gut sehen, der Wasserturm, der wird unter Denkmalschutz gestellt, sorgen Sie dafür, dass der nicht abgerissen wird. Und das war das erste, dann auch weithin sichtbare Zeichen bei Abriss, möglicherweise eben, dass nicht gefördert wird und irgendwo der Bergbau abgehängt wird und da sich nicht mehr darauf kapriziert wird, auf die Geschichte dieser Stadt, die unweigerlich mit dem Bergbau zusammenhängt. Ich glaube, ohne Bergbau hätte sich Barmen nie so in die Richtung entwickelt und auch nicht so der Stadt, wie sie heute ist.

So, es kam dann eben, dass der Wasserturm stehen blieb. Er wurde übrigens dann 1997 saniert, auch mit Fördermitteln des Landes. Und das war dann der erste Schritt. Es kam dann dazu, dass das Land noch, in Nordrhein-Westfalen, da wurde dann eine Entwicklungsgesellschaft gegründet, die Landesentwicklungsgesellschaft, LEG Nordrhein-Westfalen. Das ist eine private Entwicklungsgesellschaft, große, mit Fachleuten, mit Spezialisten aus allen Bereichen, also aus Hochbau, Tiefbau, Finanzierung, Vermarktung, Statik, Architekten, also ganz alle Bereiche, die man so braucht. Und die wurden hier für uns dann bereitgestellt, die LEG, mit sechs, sieben Mann. Und da wurden erst einmal Planungskonzepte erstellt. Was kann man denn aus dem Zechengelände entwickeln? Und da kamen dann die unterschiedlichsten Überlegungen. Es kam dann vor allen Dingen, wurde eine Altlastenabschätzung gemacht, Gefährdungsabschätzung. Und da stellte sich dann heraus, dass also mehr Altlasten im Boden verblieben waren, als das jeder nur angenommen hatte. Das hat dazu geführt, dass dann im Jahre 1991 bis 1993, also etwa über eine Zeit von zwei Jahren, wurden die Altlasten hier ausgebaggert. Das waren 53.000 Kubikmeter. Also eine riesige Menge. Ging alles per LKW nach Rotterdam, wurde da verbrannt. Das verbrannte Material wurde wieder zurückgefahren, wieder eingebaut in die Löcher. Und das Bild habe ich heute noch vor Augen, weil wie die alle in weißen Anzügen vermummt und wirklich gut verpackt die Arbeiter rumliefen, weil eben der Boden war auf gut Deutsch verseucht. Das waren die Altlasten, als die Fläche dann abgeräumt war. Da wurden dann eben auch entsprechend Pläne entworfen, jetzt für Bebauungspläne, Nutzungspläne.

Und so kam vor allen Dingen auch die Frage auf, was macht man denn mit den noch stehen gebliebenen Gebäuden. Also das Verwaltungsgebäude, das ehemalige Verwaltungsgebäude der Zeche, in dem wir uns hier heute befinden. Dann nebenan die alte Waschgau. Und dahinter war noch das Werkstattgebäude, auch ein mindestens so großes Gebäude wie die Waschgau, riesig. Man kann sich das kaum vorstellen, wenn man es nicht selber gesehen hat. Und dann war also klar, alles kann man nicht erhalten. Das ist zu viel. Das wird das Land nicht schultern können. Die geben wirklich schon genug Geld. Dann haben wir entschieden, okay, auf ein Gebäude, das hintere, verzichten wir. Werkstattgebäude wird abgerissen. Die anderen beiden sind unter Denkmalschutz gestellt worden. Die sollen erhalten werden. So wie auch der Wasserturm unter Denkmalschutz gestellt wurde. Das macht man aus.

Und so sind wir, und zwar mit den Akteuren, mit Kreis Heinsberg, mit dem damaligen Oberkreisdirektor, Landrat heute, mit der AGID aus Aachen, auch mit der Industrie- und Handwerkskammer haben wir uns zusammengesetzt und haben überlegt, ist das eine gute Überlegung, ein Technologiezentrum, einen Gewerbepark hier raus zu machen. Das hat auch Anklang gefunden, Zustimmung. Und so haben wir dann im Jahre 1992, 1993 mit der LEG eben dieses Konzept entworfen, dieses Verwaltungsgebäude wird ein Technologiezentrum.

Und zwar mit der Bestimmung Umwelttechnologie. Denn hier im Umkreis, in der Region Aachen, waren schon eine ganze Reihe Technologiezentren entstanden oder am entstehen, sich am entwickeln. Und noch keines aber mit Umwelttechnologie. 5000 Quadratmeter Nutzfläche ist hier in dem Bau. 5000 Quadratmeter. Und das war, habe

ich immer so scherzhaft, salopp gesagt, Deutschlands größter Taubenschlag. 30 Jahre leer gestanden. Da war also die Glaskuppel, da waren jede Menge Löcher eingebrochen, und da die Tauben flogen hin und her. Da war alles, ja, also total unbrauchbar. Es ist alles entkernt worden dann. Und dann im Einzelnen aufgeteilt worden. Eben auch viele Büroflächen.

Heute sind mittlerweile etwa 4.300 Quadratmeter Nutzfläche entstanden. Und auch diese gesamte Sanierung, die hat zirka 21 Millionen DM gekostet. 80% hat das Land Nordrhein-Westfalen bezahlt. 16,8 Millionen. Und 10% der Kreis Heinsberg. 2,1 Millionen DM. Und die Stadt Übach-Palenberg auch 2,1 Millionen.

Das waren dann die zirka 21 Millionen. Und dann haben wir eine Verwaltungsgesellschaft gegründet. Die Carolus Magnus Zentrum GmbH. Die Hauptträger Kreis Heinsberg und die Stadt Übach-Palenberg. Jeder 40%. Und dann uns noch vier Akteure wichtig, um die Region mit einzubinden. Die Kreissparkasse, damit wir immer Geld haben, mit 5%. Dann auch mit 5% die Industrie- und Handelskammer zu Aachen. Dann mit 5% die LEG selbst.

Und auch das Land über die LEG. Und mit 5% die AG. Das ist die Aachener Gesellschaft für Innovation und Technologietransfer. Das war natürlich schon eine ganz zentrale Frage.

Die ganze Fläche gehört ja dem Carolus Magnus Zentrum. Das war so damals der Eigner, eben hier der Zechenbetreiber. Und Carolus Magnus, die Fläche, das sind 13 Hektar, das ganze immerhin, das Areal hier, ist dann vom Grundstücksfonds noch gekauft worden. Und der Kaufvertrag, der war am 1. Dezember 1986.

Damit war so eigentlich der Startschuss gefallen. Das Land hat die Fläche übernommen mit dem Grundstücksfonds. Und erst einmal in seine Verwaltung genommen. Und alles bezahlt, eben den Ankauf. Und damit konnten wir also dann in Ruhe sagen, so jetzt können wir auch Pläne entwerfen, Nutzungskonzepte. Und das ist also dann

nachher von der LEG als Treuhänder für das Land, für den Grundstücksfonds. Die haben dann die einzelnen Grundstücke dann, wenn sie parzelliert waren, später, also wesentlich später, dann eben auch verkauft. Immer mit Zustimmung selbstverständlich der Stadt, damit wir natürlich immer mit im Boot waren. Das musste ja in unsere Konzepte passen. Und das wäre ja noch schöner.

Sprecher

Wie haben denn die Menschen hier das aufgenommen?

 

Paul Schmitz-Kröll

Da sind wir immer offen mit umgegangen. Da haben wir gesagt, das sind Hinterlassenschaften aus dem Bergbau. Und die müssen beseitigt werden. Das war ja auch ganz, ganz wichtig. Die Kosten werden vom Land getragen. Also natürlich alles wir Steuerzahler, wir, die das Land noch ans Fahren bilden. Aber nicht jetzt auch aus dem Stadtsäckel heraus. Das war auch ganz wichtig. Das war natürlich auch eine Angst der Leute, dass hier vielleicht die Steuern zu erhöhen waren. Das wird aber auch heute noch,

seit all den Jahrzehnten, wird immer noch das Grundwasser untersucht. Ich weiß jetzt nicht wie häufig, aber mehrfach im Jahr. Es gibt also hier Grundwasserpegel über

die Fläche verteilt. Das Grundwasser wird auch wohl lebenslänglich so bleiben.

Und noch Etwas: Da waren zwei Schächte, wo dann zwei Fördertürme waren. Gingen bis 800 Meter Tiefe. Da bestand die Gefahr, dass die einstürzen könnten. Also das war lange auch ein riesiges Problem. Was können wir mit oder ohne die Schächte,

was können wir überhaupt hier entwickeln? Und das haben wir dann

auch versucht, dem Land klar zu machen, die Schächte müssen auch saniert werden.

Und dann wurden da auch Untersuchungen gemacht und Kostenschätzungen.

Und zwar für jeden der beiden Schächte, jeder Schacht sollte saniert werden. Also Beton einspritzen. Das hätte 5 bis 7 Millionen Mark gekostet. Also wieder 10 bis 14 Millionen Mark mehr. Da hat das Land gesagt, jetzt ist Schluss. Ihr seid uns schon so teuer, so lieb und teuer geworden, das machen wir nicht mit. Die bleiben so. Da müsst ihr drumherum eine Schutzzone ausweisen. Darum ist das heute die einzige Fläche, die noch nicht

bebaut ist und die auch nie bebaut werden wird.

Ende September war die Schließung. Und die sind dann in den Jahren danach

verfüllt worden, aber mit Abroll-, mit Abraummaterial, so wie das eben

damals, in den 60iger Jahren, technischer Stand war. Heute würde man sagen, völlig ungenügend, passt gar nicht. Und das war genau der Punkt, Grundwasser steigt und schwemmt dann das, was da immer verfüllt worden ist, mit weg in die Flöze hinein. Und da war immer Sorge.

Und der maximale Nutzen ist, an allererster Stelle Arbeitsplätze zu schaffen hier. Wir sind ja in einer Region im Umbruch gewesen und heute immer noch durchaus. Der Umbruch ist sicherlich keineswegs abgeschlossen, aber Erfolge sind eindeutig zu verzeichnen. Aber das war das Wichtigste. Hier was draus zu machen, mit Arbeitsplätzen, möglichst so viel,

wie es eben geht, durch Gewerbegebiete, aber eben auch durch dieses Technologiezentrum und die Gewerbe- und die Fläche, die Altfläche. Und wenn man jetzt hier sieht, ist ein sehr schönes Einkaufszentrum entstanden. Also rundherum als zweiter Punkt auch Erhalt der Identität. Das ist so wertvoll. Eben eine Stadt ohne

eigene Geschichte oder Kultur und die dann eben da laufen zu lassen. Darum war ja auch damals die Diskussion Abriss vom Wasserturm. Abriss auch dieses Gebäude war

diskutiert worden. Also vom Verwaltungsgebäude, von der Waschkaue sowieso. Und da haben wir viel, sehr, sehr viel von erhalten können. Und ich glaube, die allermeisten sagen, wie gut so, das habt ihr richtig gemacht. Da oben steht ja auch der Wasserturm.

 

Sprecher

Wie haben Sie das denn gemacht?

 

Paul Schmitz-Kröll

Ja, also das war jedenfalls schon angelegt, noch schon vor meiner Zeit.

Aber ich denke, auch wirklich gut gelungen. Da sind auch Wanderwege und wirklich sehr

schön. Kann man jedem nur empfehlen. Geh mal wandern, auch direkt vor deiner

Haustür hier in Übach-Palenberg. Da sind dann entsprechende

Aufforstungsprojekte mit dem Landschaftsschutzkreis Heinsberg, der Landschaftsschutzbehörde, auch der Bezirksregierung abgestimmt worden.

 

 


Interview (Videofeature) Oliver Walther

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Interview (Videofeature) mit Oliver Walther – Bürgermeister Übach-Palenberg

in Übach-Palenberg 15. März 2024

Thema: Transformationsbeispiel Zeche Carolus Magnus - Gegenwart

 

 

Oliver Walther

Spatenstich für die Schwarzproduktion war für Übach-Palenberg der Point-Even. Wo wir die Chance hatten, zuerst eine kleine Produktion der Bon Back nach Übach-Palenberg zu bekommen. Und das hat sich dann entwickelt zu all dem Unternehmen, was man heute sieht, fing an mit dem Spatenstich für die Solent-Gruppe, für Schokolade. Dann kam Brot dazu, dann kam für uns nochmal Bon Gelati. Es ist nochmal vergrößert worden, so dass wir also heute über 2000 Arbeitsplätze hier am Standort Übach-Palenberg haben. Das war wirklich so der Punkt, jetzt geht es wirklich und es war auch sichtbar für die Bevölkerung.

Wir haben ja von der von der Unternehmensstruktur her auch viele Familienunternehmen.

Neumann und Esser ist da an erster Stelle zu sagen, dann Mühlenbau Dietrichs, die also auch standorttreu sind, auch seit mehreren Generationen. Auch Mitarbeiter haben die Firma SLV, hat hier auch einen ganz starken Einfluss gehabt auf die Stadt Übach-Palenberg. Die stellen Leuchtmittel her. Waren eigentlich die einen der ersten, die im großen Raum Leuchtmittel zur Verfügung gestellt haben. Und dann natürlich hier nebenan die Firma Saurer, die stellen Textilmaschinen her.

Also für mich ist das immer noch Schafhorst, wenn Sie mit alten Übach-Palenberger sprechen. Dann ist das Schlafhorst, die nach dem Schluss, nach Beendigung der Zeche dafür gesorgt hat, dass hier wieder Arbeitsplätze entstanden sind und viele Bergarbeiter dann also auch bei der Firma Schlafhorst ihren Arbeitsplatz bekommen haben.

So bin ich auch als Kind nach Übach-Palenberg gekommen. Mein Vater hat in Mönchengladbach bei Schlafhorst gearbeitet. Ist dann nach Übach-Palenberg

versetzt worden und wir sind dann hinterhergezogen 1972 und seitdem bin ich hier.

Also das sind schon wichtige Arbeitgeber in der Stadt, die es auch von der Struktur

her natürlich ermöglicht haben, dass die vielen kleineren, auch sehr wichtigen Unternehmen auch noch eine Chance hatten, dann auch am Standort

Übach-Palenberg zu bleiben.

Ich zähle jetzt mal auf Einzelhandel, Bäcker, die ganzen Bereiche. Das Positive war, dass alle an einem Strang gezogen haben. Also man konnte sehen, die Verwaltung hat vorgearbeitet, aber auch der Stadtrat und die Politik haben gesagt, das ist die Chance für uns und da ziehen wir jetzt mit. Und insofern ging das also wirklich Hand in Hand. Wir hatten da auch nicht so die großen politischen Streitigkeiten.

Also da muss man sagen, das war auch parteiübergreifend eine ganz tolle Sache.

Meine Vorgänger, also der Herr Paul Schmitz-Kröll, der hat das Ganze angeleiert.

Mein direkter Vorgänger, der Wolfgang Jungen, hat das dann fortgeführt und das war auch

über Parteigrenzen hinweg. Und da gab es auch nie irgendwie eine Diskussion, dass wir das stoppen. Also da haben wir immer Wert darauf gelegt, Übach-Palenberg, dass wir auch die Firmen, die vor Ort sind und die kommen wollen, das Bestmögliche auch ermöglichen. Im Rahmen der Abwägung natürlich, ganz klar, aber auch versuchen jede Firma, die kommt, zu unterstützen.

Natürlich, die dritte Transformation wird jetzt kommen.

Also die Zeit des Öls, die Zeit des Gases ist vorbei. Wir werden uns mit den Themen Elektronik, Elektrizität, erneuerbare Energien oder wir setzen uns schon damit auseinander. Als federführend kann man jetzt wirklich einmal die Firma Neumann & Esser nennen, die auch im Bereich Wasserstoffproduktion da neue Maßstäbe setzen will, auch über den Kreis und also auch über Deutschland hinweg. Die hier auch planen, einen neuen Campus zu errichten, auch um die Forschung erneuerbarer Energien, Wasserstoff,

Verwendung von Wasserstoff, um da also diese neue Transformation dann auch zu

bewirken. Da gibt es auch öffentliche Fördermittel, da gibt es einen ganzen Strauß von

Möglichkeiten der Förderung. Einmal für Kommunen, ich sage jetzt das Thema Dachflächen versehen, also die Dachflächen der eigenen kommunalen Bauwerke mit PV-Anlagen zu versehen. Über die Möglichkeit E-Ladestationen zu machen, Ausbau der Leitungen, weil wir brauchen ja jetzt auch wieder andere Leitungen, ein bisschen zum Thema Wasserstoff. Das ist also wirklich ein ganz breiter Strauß, der dann auch versucht wird, nicht nur für die Kommunen, nicht nur für die Privatleute was zu machen, sondern

auch für die Industrie. Und wir als Kommune bemühen uns halt auch in unserem Rahmen dann den Ausbau vor allen Dingen der Photovoltaikanlage zu fördern. Die Dienstleistung wird ganz klar in den Vordergrund kommen und wir müssen uns auch damit auseinandersetzen, dass diese Transformation auch betrifft, dass die Bevölkerung immer älter wird. So das wir uns einfach überlegen müssen, wie wir auch industrielle Prozesse,

wie die ablaufen sollen, wie aber auch die Pflege sein wird. Und das ist ja auch im weitesten Sinne ein Dienstleistungsbereich.

 

Sprecher

Aber sie müssen natürlich alle Menschen mitnehmen.

 

Oliver Walther

Richtig.

 

Sprecher

Nicht nur die Unternehmer, sondern auch die Menschen im Privaten, die ja auch davon betroffen sind bezüglich Sonne. Braunkohle ist zu Ende. Steinkohle ist zu Ende. Wie machen sie das? Wie nehmen sie alle Menschen mit?

 

Oliver Walther

Wir arbeiten im Augenblick an einem Konzept über den Verbrauch von Energien, über Wärmeverbrauch in der Stadt über Übach-Palenberg. Da sind die Konzepte noch in Arbeit.

Wir werden die dann, wenn die fertig sind, auch der Bevölkerung vorstellen und auch

sagen, welche Ergebnisse wir daraus ziehen. Wir müssen natürlich berücksichtigen, dass wir hier eine ländliche Struktur haben, mit verhältnismäßig vielen Eigenheimen. Wir können uns jetzt nicht von der Struktur her mit einer Großstadt vergleichen. Das ist einfach nicht machbar. Wir müssen aber die Menschen mitnehmen. Ich sagte gerade, wir fördern auch die private PV Nutzung durch Förderung von Balkonkraftwerken, so nennen wir das.

Also wenn sich jemand privat eine kleine PV-Anlage an den Balkon heften möchte,

unterstützen wir das. Die Ausrichtung der neuen Baugebiete wird natürlich auch auf die Frage ausgerichtet sein, wie weit sind die Dächer PV geeignet. Die Ideen sind da, die Dächer mit PV zu versehen, Dächer zu begrünen. Die Idee der Schwammstadt ist da,

das heißt also, dass man die Versickerung vor Ort stattfinden lassen kann, auch um Ressourcen zu schonen, also nicht das Oberflächenwasser irgendwo abzuleiten, sondern das Oberflächenwasser im Bereich zu halten, was wieder darum dazu führt, dass man, wenn der Hochsommer kommt, man auch noch Reserven im Boden hat, um jetzt nicht die ganze Erwärmung der Städte voranzutreiben. Das heißt auch eine Grünflächenbewirtschaftung, das heißt auch zu gucken, welche Baumarten sind oder

Pflanzenarten sind überhaupt jetzt noch geeignet, diesen Wärmeschwankungen zu

trotzen und dann da auch die Bevölkerung mitzunehmen, Angebote zu machen, die Bevölkerung zu informieren über Bürgerwerkstätten, die wir jetzt durchführen, über Stadtteilkonferenzen, um da also auch jetzt nicht im stillen Kämmerlein zu sitzen, sondern wirklich auch den Menschen Angebote machen zu können, die die Menschen wahrnehmen. Wobei man auch sagen muss, die Bürger von Übach-Palenberg machen das auch selber. Die gucken wirklich, was kann ich machen. Die warten jetzt nicht irgendwie, dass da die weise alte Stadt denen Angebote macht, sondern die sagen,

mache ich.

Die Halle und die Zeche Carolus Magnus ist in der Stadt einfach präsent. Wir haben eine Carolus Magnus Straße, wir haben eine Carolus Magnus Allee, wir haben ein Carolus Magnus Gymnasium. Also der Name Carolus Magnus ist in dieser Stadt präsent. Der Wasserturm ist ein Symbol dieser Stadt und auch die Halde. Die wird von den Menschen wahrgenommen. Das ist jetzt beides auf Privatgelände, also nicht städtisch.

Die Wandlung dieser Zeche haben die Leute natürlich mitgemacht. Es fing mit Schlafhorst

an, dann ging es weiter, dass viele Zechenbereiche abgetragen wurden. Wo heute der Magnus Park steht, das Magnuszentrum steht, war vorher Zechengelände. Das Zechengelände ist modernisiert worden beziehungsweise erst mal ist abgetragen worden,

erneuert worden, sodass diese neue Mitte, wie wir sie nennen, also auch im Herzen der Stadt, auch auf altem Zechengebiet ist. Selbstverständlich ist China ein ganz wichtiges Thema. Einmal als Geldgeber, die Firma Zara gehört einem chinesischen Unternehmen.

Wenn Sie mit allen Firmen, die wirklich im Export tätig sind, und das sind die meisten, sprechen, ist China ein Absatzmarkt, der auch berücksichtigt werden muss und auch berücksichtigt wird.

 

Sprecher

Es geht ja um den Europäischen Green Deal, der über Jahrzehnte angelegt ist.

 

Oliver Walther

Ja.

 

Sprecher

Wie ist das mit der Stadt Übach-Palenberg? Kommt sie damit klar? Denkt sie an die Menschen, an die Unternehmen? Wie integriert sie diese Transformation, die ja wirklich nicht Ohne ist?

 

Oliver Walther

Nochmal, Satz 1, wir versuchen die Menschen mitzunehmen. Satz 2, wir arbeiten gerade an einem Konzept, dass die Stadt selber als Investor auftritt, um Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen zu entwickeln, aber diese Entwicklung nur anzuschieben. Und dann die Bevölkerung auch an den wirtschaftlichen Vorteilen einer solchen Entwicklung zu beteiligen. Ich glaube, es ist absolut falsch, nur zu sagen, ihr müsst, sondern man muss

den Menschen auch was bieten. Sie müssen auch für sich selber einen Vorteil erkennen.

Und der kann auch wirtschaftlich sein. Also ich muss nicht immer nur das Großprojekt haben mit Großinvestoren, sondern man kann das auch in kleine appetitliche Häppchen, sag ich jetzt mal, verteilen, um auch den Menschen vor Ort die Möglichkeit zu geben, an dem Projekt, was gerade vor seiner Haustür stattfindet, auch zu partizipieren.

 

 


Interview (Videofeature) Peter Steingass

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Interview (Videofeature) mit Peter Steingass – CEO Carolus Magnus Zentrum

in Übach-Palenberg 15. März 2024

Thema: Transformationsbeispiel Zeche Carolus Magnus - Nutzung heute

 

 

Peter Steingass

Ich bin seit kurzem der Geschäftsführer hier dieses Carolus Magnus Zentrums für Umwelttechnologie. Das ist beheimatet in einem ehemaligen Verwaltungsgebäude der Grube Carolus Magnus. Sehr, sehr schön hergerichtet von der Landesentwicklungsgesellschaft vor zirka 30 Jahren. Meine Aufgabe ist es in erster Linie,

natürlich dieses Gebäude so zu erhalten, dass es auch für die Nachwelt weiter natürlich gut genutzt werden kann. Und dieses Gebäude, das ist ein kleines, das zu einem Gründerzentrum umfunktioniert wurde, ein Technologiezentrum, mit Leben zu füllen. Das heißt Firmen, die sich gerne hier ansiedeln wollen, am liebsten Start-Up-Unternehmen, die vielleicht eine neue Geschäftsidee haben und diese erst einmal in

kleineren Räumlichkeiten voranbringen möchten, eine Heimat zu geben. Das ist unsere Aufgabe hier.

Momentan haben wir etwa 4200 Quadratmeter an Grundfläche, die wir in Büroräume unterschiedlichster Größe anbieten können. Momentan sind 16 Unternehmen hier tätig. Um die Frage vielleicht vorwegzunehmen. Wir haben keines aus dem Bereich Umwelttechnologie finden können. Ich bin aber guten Mutes, weil es doch hier am Standort, hier in der Stadt Übach-Palenberg auch internationale Player gibt, die sich mit

dem zukunftsträchtigen Thema Wasserstoff beschäftigen. Auch hier, sag ich mal, wenigstens ein Forum zu bieten. Das muss nicht unbedingt heißen, dass die sich tatsächlich hier drin ansiedeln. Aber wir haben hier mit der Lohnhalle, wo wir uns jetzt gerade befinden, auch einen sehr schönen Versammlungsort, wo wir auch mal so kleine Kongresse oder so etwas durchführen können. Es schwankt natürlich. Es ist halt so wie in jedem Gründerzentrum.

Es kommen Firmen und es gehen Firmen. Wenn sie gehen, dann ist es nicht deswegen, weil es denen schlecht gefällt hier, sondern weil sie so erfolgreich

sind, dass sie wachsen und dann unsere Räumlichkeiten dann auch schon zu klein

werden. Wir haben jetzt gerade wieder eine Firma in Anführungszeichen verloren.

Dadurch, dass sie jetzt neu baut und sich neu ansiedeln wird. Aber wir sind in der guten

Lage, in der glücklichen Lage tatsächlich, dass viele Interessenten bei uns anfragen.

Das geht von ganz kleinen Unternehmen, die erst einmal nur einen Raum brauchen, bis größeren Mietern. Wir haben beispielsweise jetzt die Firma Sindra aus der Schwarzgruppe, Klammer auf Lidl-Konzern, Klammer zu, die ihr komplettes Ausbildungszentrum hier rein verlagert haben. Die haben einen sechsstelligen Betrag

selbst investiert. Damit die Räumlichkeiten, die wir anbieten konnten, dann auch so aufgeteilt wurden, umgebaut werden konnten, so dass es den Wünschen der Firma entspricht. Die haben also auch Teile der Verwaltung nach hier geholt. Und vor allen Dingen dieses Ausbildungszentrum werden sie von hier aus betreiben.

 

Sprecher

Welche Bedeutung hat die neue Nutzung des Geländes der ehemaligen Zeche Carolus Magnus?

 

Peter Steingass

Sicherlich verschiedene Bedeutungen. Eins ist es, dass es ein Stück Heimat darstellt natürlich. Die Stadt Übach-Palenberg war, wie das gesamte Revier hier, eine Bergbaustadt, Steinkohlenbergbau. Und ja, der eine oder andere, der natürlich immer noch hier wohnt, jetzt vielleicht auch schon ein bisschen älter ist, wird hier tatsächlich seinen Arbeitsplatz gehabt haben auf der Grube. So gibt es ja auch entsprechende

Grubensiedlungen, die tatsächlich in diesem Zusammenhang auch gebaut worden

sind und so weiter.Und sehr, sehr viele aus diesen Familien leben natürlich noch hier.

Und dieses Gebäude, das von außen tatsächlich, weil es ja auch unter

Denkmalschutz steht, noch genauso aussieht wie damals, ist für diese Menschen

natürlich ein Stück Erinnerung, ein Stück Heimat.

Wir sind tatsächlich zu 100 Prozent Tochter der Stadt Übach-Palenberg. Die Stadt ist auch Eigentümerin dieses schönen Gebäudes. Und wir als GmbH sind Mieter in diesem Gebäude. Und haben dann eine gewisse Aufgabenteilung, was jetzt Haltung angeht. Aber die Vermarktung und so weiter liegt dann komplett bei der GmbH. Da ich auch gleichzeitig der Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung, Kultur und Stadtmarketing bei der Stadt bin, da gehört auch noch Tourismus und die internationale Zusammenarbeit hinzu, ist für mich ein ganz besonderes Anliegen, natürlich solche Kulturveranstaltungen noch stärker nach hier zu bringen. Wir haben neulich erst eine Kulturveranstaltung hier gehabt. Und zwar quasi die Auftaktveranstaltung zu einem Bürgerbeteiligungsprojekt, ein internationales Bürgerbeteiligungsprojekt, was wir mit der Stadt Heerlen und der Gemeinde Landgraaf, die ja unsere Partnerstadt ist, jenseits der Grenze, und dem Landschaftsverband Rheinland zusammen machen. Ein Archäologie-Projekt hier entlang der Via Belgica. Eine alte Römerstraße, die hier auch entlang gegangen ist. Und hier hat es mal auf beiden Seiten der Wurm, also auf holländischer Seite und auf deutscher Seite, einen römischen Vicus gegeben, also ein Dorf. Und da will man jetzt mit Hilfe der Bürgerinnen und Bürger nochmal ein bisschen graben und vielleicht das eine oder andere finden.

Ich habe natürlich in meiner anderen Funktion dann auch noch als ehemaliger Bauamtsleiter diese Verbindungen zum Klimaschutzmanager und so weiter. Und wir planen an verschiedenen Stellen natürlich, solche Techniken

voranzubringen, Photovoltaik, Windenergie und und und. Bei diesem Gebäude wird es wahrscheinlich nicht möglich sein. Nicht, weil es nicht technisch möglich wäre, sondern eben, weil es unter Denkmalschutz steht. Und ich glaube, jetzt hier die sehr schön

hergerichtete Dach jetzt mit Photovoltaik zu vernageln sozusagen, wäre, glaube ich,

kein gutes Zeichen. Aber was wir auf jeden Fall jetzt machen, also dieser Wunsch wurde auch schon an uns herangetreten, werden jetzt sukzessive die Parkplätze hier mit

E-Ladesäulen ausstatten. Ich denke, das ist schon ein Beitrag, den wir natürlich im Sinne des Umweltschutzes dann unternehmen. Die Leuchtmittel werden schon ausgetauscht

und sind schon ausgetauscht natürlich gegen LED-Leuchtmittel, die deutlich

stromsparender sind.

Wir finanzieren uns in erster Linie natürlich durch die Einnahmen, die Mieteinnahmen.

Die sind hier vergleichsweise gering. Der Quadratmeterpreis ist deutlich geringer als im Umfeld. Von daher können wir, wie gesagt, auch diesen Start-Up-Unternehmen etwas preisgünstiges anbieten. Unsere Aufgabe, wie gesagt, diesen Zustand beizubehalten und

natürlich immer von Zeit zu Zeit wieder etwas zu investieren. Es geht auch mal etwas kaputt oder die Heizung muss gewartet werden und so weiter. Das rechnet sich im Moment noch damit und ist also finanzierbar.

 

 


Interview (Videofeature) Paul Breuer und Thomas König

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

 

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Sende-Manuskript  (Journalist und Autor: Axel Gauster)

Interview (Videofeature) mit Paul Breuer (Chronist ProEnergeticon e.V.) und Mag. Thomas König (CEO Energeticon gGmbH in Alsdorf 28. Juni 2024

Thema: Transformationsbeispiel Zeche Anna I + II zum Energeticon - Geschichte und Gegenwart

 

Sprecher
Wie hat das denn hier eigentlich alles angefangen? Können Sie mir etwas dazu erzählen?


Paul Breuer
Ja, also man sollte wissen, dieses Aachener Steinkohlerevier ist das älteste Steinkohlerevier Europas. Die ersten urkundlichen Erwähnungen gehen zurück auf das Jahr 1113. Da gibt es Eintragungen in den Klosterjahrbüchern des Klosters Rolduc hier nahe Kerkrade. Da hat man von Kalkulen gesprochen. Und Kalkulen ist ein mittelhochdeutsches Wort für Steinkohlen. Das heißt urkundlich erwähnt schon 1113. Man geht aber davon aus, dass schon die Römer hier ihre Thermen mit Steinkohle geheizt haben.
Woher weiß man, dass es hier Steinkohle gibt? Da sind die Flüsse mit verantwortlich. Denn so ein Fluss, der gräbt über Jahrmillionen Täler ins Erdreich. Und diese Kerben, die werden immer tiefer. Und an den Rändern dieser Flusstäler, da traten dann diese Kohleflöze zutage. Und da ist man dann anfangs horizontal reingegangen. Also wusste man, hier gibt es Steinkohle. Aber man konnte keine Schächte so tief nach unten treiben.
Und deshalb hat man sich mit den Flusstälern begnügt. Die erste Erwähnung, 1113. In der Nähe von Herzogenrath, da fließt die Wurm. Und diese Wurm hat also einen Fluss da gegraben.


Thomas König
Wie schon gesagt, erst im Tagebau wurde die Kohle gewonnen. Und dann, als natürlich die technische Entwicklung weiterging, wurden Pumpen, Wasserkünste hieß das damals noch, entwickelt. Mit Pferdegöpeln angetrieben, das Ganze. Und dann natürlich mit der Dampfmaschine konnte man auch in ganz andere Regionen vorankommen, also tiefer abteufen ins Erdreich, weil man dann eben mit Pumpentechnik arbeiten konnte. Napoleon hat auch dann hier im Ruhrdepartement, was wir ja sehr lange Zeit waren, gesagt: ‚Okay, liebe Großgrundbesitzer, alles was unter der Erde ist, gehört mir, ihr müsst hier eine Konzessionsabgabe zahlen‘.

Insofern wurde dann hier auch sehr schnell wirtschaftlich gedacht, weil das muss natürlich finanziert werden. Und 1830 hat sich hier eine wirklich berühmte Persönlichkeit hervorgetan. Das war die Frau Englert. Sie wurde Witwe, hatte zehn Kinder und musste schauen, wie sie ihren eigenen Schacht wieder zum Laufen bekam, wie sie ihn finanziert bekam. Und da hat sie eben die glorreiche Idee gehabt, eine Aktiengesellschaft zu gründen. Die erste Aktiengesellschaft im Bergbau. Und das ist hier entstanden. Und daraus ist später der Eschweiler Bergwerksverein entstanden. Und eine bewegte Geschichte. Immer zu Aufrüstungszeiten wird viel Kohle benötigt und Stahlproduktion.
Der Flottenwettbewerb vor dem Ersten Weltkrieg, Deutschlands Platz an der Sonne, eben auch eine große Flotte herzurichten, die Idee des Kaisers seinerzeit, bedeutete viel Kohleabbau. Das waren Zeiten, wo es hier auch sehr stark prosperierte, sehr viele Arbeitsplätze entstanden. Natürlich dann auch die wirtschaftlichen Beziehungen. Wo kam das Erz denn her? Wo wurde das verhüttet, der Stahl? Wo brauchte man die Kohle? Also mussten auch neue Eisenbahnen gebaut werden. Hier wurden die ersten Eisenbahnen gebaut. In Nürnberg war die allererste, das wissen wir. Aber hier war das erste Viadukt, ist hier entstanden, in Aachen. Hier sind also wirklich Schienenbeziehungen
entstanden. Die Vennbahn durch die Eifel ist eben noch so eine mittlerweile tolle Radstrecke, weil sie nicht mehr als Zugstrecke gebraucht wird, um ins Lothringer Becken zu kommen, wo die Erze lagen und wo eben verhüttet wurde.
Und da gab es eben dann lang reichende Beziehungen. Und ja, vor dem Zweiten Weltkrieg, die Aufrüstung in Nazi-Deutschland, da stieg die Kohleproduktion natürlich auch enorm an. Aufrüstung, Kanonen wurden gebaut.
Das sind dann die schlimmen Zeiten, wo man das wirklich an der Kohleproduktion sehen kann, das haben wir ja sehr schön an einem schwarzen Strahl dargestellt, kann man das ablesen.
Und dann natürlich auch zur Befreiungszeit, als die Kohlegruben ja auch dann natürlich fast alle auch abgesoffen waren. Es sind einige abgesoffen. Weil die Nazi-Führung sagte: ‚Pumpen abstellen‘.
Und wir haben eben gehört, Pumpen ist absolut wichtig. Ansonsten geht das Grundwasser zu hoch und man kann keine Kohle abbauen. Und wenn das generell zu hoch ist und zu lange, kann man die auch nicht mehr retten. Hier hat man sich widersetzt. Hier war eine kluge und besonnene Grubenleitung, die sich den Nazi-Befehlen widersetzt hat. Und da haben sie die Grube Anna gerettet.
Und das war der Grund, warum es nach dem Zweiten Weltkrieg dann auch wieder sehr schnell hier voranging, das Wirtschaftswunder schlug hier also wirklich voll durch. Sehr viele Arbeitsplätze sind im Bereich des Kohleabbaus entstanden. Und das hat Deutschland wieder groß gemacht. Auch hier, das Revier hat dazu beigetragen. Bis dann natürlich irgendwann die Kohlekrise in den 70er Jahren kam. Globale Wirtschaftsstrukturen, Importkohle, die im Tagebau in Australien, in China, sicherlich auch nicht gerade in China wahrscheinlich zu den besten Umweltbedingungen. Aber die natürlich wahnsinnig günstig auf dem Weltmarkt ist. Da kommt man hier nicht mehr
wirtschaftlich mit. Finanziell kann man es sich nicht mehr leisten. Subventionen laufen aus. Und irgendwann, wenn das privatwirtschaftlich auch stark organisiert ist als Aktiengesellschaft, sagt man auch irgendwann: ‚Jetzt ist Feierabend‘.

Und das war hier im Revier. 1983 wurde die Produktion Kohleabbau gestoppt. Und 1994 war dann auch mit der Kokerei Anna hier in Alsdorf Schluss, als dann Emil Mayrisch geschlossen hat. Insgesamt im Revier. Sophia Jacoba, 1997 war dann das Ende des Steinkohlenbergbaus hier bei uns in der Region.


Sprecher
Und wie groß ist dieses Zechengelände eigentlich gewesen?


Paul Breuer
Also das Zechengelände war circa 50 Hektar groß. Wir hatten hier eine Menge verschiedener Einrichtungen. Unter anderem die größte Kokerei Europas. Hier wurde Koks hergestellt. Und Koks wird gebraucht, um Eisen und Stahl herzustellen. Und zu guten Zeiten haben wir an die 8000 Leute gearbeitet. Rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Es war ein Kommen und Gehen. Und als dann hier die Zechen geschlossen haben, da hatte man natürlich ein großes Strukturproblem. Viele Leute standen auf der Straße. Einige sind davon noch ins Ruhrgebiet gegangen. Einige Andere wurden von der Braunkohle übernommen, sind dann ins Braunkohlerevier gegangen. Und es gab eine Menge von Leuten, die nicht zu vermitteln waren oder die sich auch nicht vermitteln lassen wollten. Die wurden dann früh verrentet, verrentet bei vollen Bezügen. Da liefen dann hier auch 45-Jährige herum, die schon in Rente waren und eine richtig gute Bergmannsrente hatten. Hier gab es eine Menge Proteste. Wir haben hier also teilweise tagelang protestiert.
Die Kumpel sind ja sehr solidarisch. Da kamen noch Leute aus dem Ruhrgebiet und aus dem Saarland, um mit zu protestieren gegen diese Bergwerksschließungen. Allerdings war der Grund der Bergwerksschließungen natürlich ein ökonomischer und es war einfach nicht mehr gegeben, diese Bergwerke weiterzuführen. Und die Reaktion war sehr, sehr gegen die Firmen, die die Kohlezechen betrieben haben. Aber es hat nichts genützt. Irgendwann musste dann der Entschluss gefasst werden, alles zu schließen.


Sprecher
Nun stehen wir hier ja in einer großen Halle. Das kann ich mir ja jetzt ansehen. Was ist das hier?


Paul Breuer
Das sind die Fördermaschinen, die wir natürlich haben mussten, um die Körbe, die sich ja nach unten und nach oben bewegen, im Schacht zu bewegen. Diese Fördermaschinen, die waren ganz zu Beginn alles Dampfmaschinen. Allerdings so ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurden dann diese Maschinen elektrisch betrieben. Und diese
Fördermaschinen, die treiben also die Körbe an, in denen entweder Bergleute oder auch die Waggons mit der Kohle sitzen.


Sprecher
Nun geht es ja um die Transformation aus diesem riesigen Gelände. Das kann man ja nicht brach liegen lassen. Da, wo wir jetzt stehen, das ist ja ein Teil eines Bergbaumuseums geworden. Ist das eine dieser neuen Nutzungen, die man angestrebt hat, geplant hat und durchgeführt hat?

Thomas König
Ich denke, ganz wichtig war die Entscheidung, hier eben kein Bergbaumuseum zu schaffen, weil da gibt es im Nordrhein Westfalen schon ein tolles in Bochum. Nein, hier war man so klug und hat sich natürlich auch mit der Landesregierung seinerzeit abgestimmt: ‚Wir müssen hier was Neues schaffen‘. Und dann ist man auf die Idee
gekommen, hier ein Energie-Erlebnis-Museum zu etablieren. Und das hat absolut funktioniert. Wir sind ein außerschulischer Lernort, wo wir eben gerade der jungen Generation zeigen wollen, wie wichtig es ist, von den fossilen Energieträgern Kohle, Steinkohle, Braunkohle wegzukommen. Die sind eben Klimakiller. Die sind endlich auch, die werden irgendwann verbraucht sein. Natürlich, das gilt ja auch für Gas und für Erdöl.
Und wir müssen hin zu den Regenerativen. Und es ist einmal der ökonomische Faktor sicherlich, sie sind endlich diese Ressourcen. Aber sicherlich der Umweltfaktor, spielt eine Riesenrolle, dass wir eben auch schauen müssen, dass wir hier saubere Energie gewinnen.
Und hier zeigen wir auf: Warum müssen wir das machen? Wie wirkt sich denn eine Klimaverschlechterung und der Raubbau, an den fossilen Energieträgern global aus? Wir zeigen wirklich alle Regionen der Welt, es gibt Beispiele und Prognosen. Wie wird sich das Klima verändern? Was passiert jetzt schon, das Häuser im Permafrostboden versinken? Man kennt das Beispiel, dass die Polkappen schmelzen und der Eisbär, mehr oder weniger auf der immer kleiner werdenden Scholle treibt und seine Nahrung nicht mehr findet. Das sind so die bekannten Beispiele. Wir zeigen aber auch auf: Was hat das mit Überschwemmungen zu tun, in riesigen Flussdeltas, zum Beispiel in Bangladesch etc.? Das hat alles Auswirkungen und davon müssen wir wegkommen. Und das geht eben nur durch saubere Energie.
Und hier an einem Standort, wo dreckige Energie gefördert wurde, da haben wir eine tolle Ausstellung kreiert, wo wir aufzeigen: Was für Möglichkeiten gibt es denn an regenerativer Energieerzeugung? Und das Tolle ist, dass wir auch den Schritt gehen, dass wir hier selber saubere Energie nutzen wollen. Photovoltaik ist natürlich immer der erste Schritt. Da haben wir verschiedene Demonstrator-Anlagen. Man kennt die, die auf den Dächern sind. Man kann sie aber auch als Sonnenschutz mehr oder weniger vor Gebäuden, vor großen Panoramaräumen aufbauen. Man kann sich selbst drehende Anlagen bauen. Die hat dann sogar die Gestalt einer Sonnenblume. So was haben wir hier auf dem Gelände. Und worauf wir sehr stolz sind, wir haben hier die Besonderheit, dass das Grubenwasser in den Schächten und in den – letztendlich- Strecken unter Tage, Grubengebäude nennt man das, so stark angestiegen ist. Und Sie wissen, es ist unter Tage sehr warm gewesen. Auch das Grubenwasser ist mittlerweile so warm geworden, nämlich 24 bis 26 Grad. Und wir durch ein tolles Modellprojekt gewinnen wir die Grubenwasser-Thermie und können die über eine Wärmepumpe aufbereiten und für Heizzwecke nutzen. Wir schaffen es, im Schnitt 85 Prozent unserer Wärme, unseres Wärmebedarfs mit der Grubenwasser-Thermie zu decken. Und das ist natürlich ein super tolles Beispiel, wie man eben sauber hier heizen kann und sauber auch Strom erzeugen kann. Dass Sie selber als Einrichtung den Weg voranschreiten und anderen zeigen, so könnte man es machen.


Sprecher
Sie vertreten ja auch den Pro Energeticon e.V.


Paul Breuer
Ja, wir haben hier als außerschulischer Lernort natürlich eine Menge verschiedener Klientel zu versorgen. Wir haben hier Schulklassen. Wir haben hier Studentengruppen. Also viele, viele, die sich auch mit erneuerbaren Energien befassen. Die kommen nachher, um sich das hier mal in einem Ganzen anzusehen. Und dieses Energeticon zeigt ja, dass wir unbedingt wegkommen müssen von den fossilen Energien. Und wie Herr König schon gesagt hat, wir zeigen das auch im Einzelnen. Wir wissen also wo, in welchen Regionen der Erde sich die Temperatur in welchem Zeitraum auch verändern wird. Und das ist schon sehr erschreckend zu sehen. Und deshalb müssen wir unbedingt weg von den fossilen Energien. Und unsere Kundschaft, die kommt aus verschiedenen Ländern. Wir haben hier also teilweise auch Gruppen aus Frankreich, aus Belgien, aus England, aus den Niederlanden. Und so auch schon mal aus Skandinavien. Die dann im Rahmen eines Schüleraustausches die Gelegenheit nutzen, nach hier zu kommen.


Thomas König
Das Land hält die größten Anteile. Die Städte Region Aachen als regionale Einheit. Die Stadt Alsdorf ist dabei. Und noch ein Verein, der eben auch schon genannt wurde. Energielandschaft Anna heißt er jetzt zukünftig. Die tragen die Gesellschaft. Wir müssen natürlich auch regelmäßig Gelder zur Verfügung stellen. Wir haben so ein Kernpersonal von zirka 10 Personen. Aber wenn man Museumsbesucherbegleiter, Museumspädagogik, noch zusätzliche Kräfte, die wir haben, Reinigungskräfte, auch welche, die in der Technik mithelfen, dazu zählt, kommen wir locker so auf 25 Personen, die ja insgesamt wirklich mit dem Energeticon ständig zu tun haben und uns auch helfen. Und teilweise helfen auch Ehrenamtlich helfen, damit wir hier wirklich unser Bildungsangebot erfüllen können. Und das wurde auch schon gesagt: Wir sind hier eben ein Museum in erster Linie. Wir wollen eben mit dem Energie-Erlebnis aufzeigen, wie die man die Energiewende meistern kann. Dadurch sind wir auch ein außerschulischer Lernort.
 

Und wir sind mittlerweile eine Tourist-Information. Haben wir hier angedockt. Weil wir liegen hier an Schnittpunkten von interessanten Radwegen. Das Wurmtal und das Broichbachtal sind nicht weit entfernt. Hier kommen also Touristen vorbei, können sich informieren; was können die hier machen und entdecken uns als Museum natürlich.
Und das ist das, was wir jetzt auch schon seit 2008 sogar betreiben: Dieses Fördermaschinenhaus ist eine Event-Location, wie es so schön heißt. Hier finden Konzerte statt, Comedy-Veranstaltungen, Tagungen, genauso wie natürlich auch private Geburtstage, Hochzeiten. Und das ist natürlich wirklich schön, wenn die Leute auch das
Annehmen, ihr kulturelles Erbe annehmen, auch hier feiern wollen, auch Spaß haben wollen und das in einer einzigartigen Kulisse.


Paul Breuer
Für die Alsdorfer ist die Bindung zum Bergbau immer noch da. Ganz besonders natürlich bei den Älteren. Und wir versuchen jetzt eben auch die Jungen mitzunehmen und denen zumindest zu erzählen, was sich hier abgespielt hat. Denn das ist wichtig. Man muss auf das Erbe schauen, das uns der Bergbau hier hinterlassen hat. Alsdorf wäre nicht diese große Stadt, wenn der Bergbau hier nicht stattgefunden hätte. Und dieser Bergbau hat dazu geführt, dass aus einem ländlich geprägten kleinen Ort mit knapp 2.500 Einwohnern mittlerweile eine Stadt entstanden ist mit fast 50.000 Einwohnern.
 


 

Fotos/Radio/Videofefature: Axel Gauster © 2024 Nell-Breuning-Haus / Axel Gauster