URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Die Sendemanuskripte sind urheberrechtlich geschützt und dürfen vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

 

Radiofeature SendemanuskriptInterview Karl Rabeder

Radiofeature SendemanuskriptInterview Leo Pauwels

Radiofeature SendemanuskriptInterview Trinidad Munoz-Villoria

Radiofeature SendemanuskriptInterview Tetyana Lutsyk

Radiofeature SendemanuskriptInterview Karl-Heinz Hellinger

Radiofeature SendemanuskriptInterview Ralk Woelk

Radiofeature SendemanuskriptInterview Sonja Puchelski

 

 

Interview Karl Rabeder

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Sende-Manuskript

Interview (Radiofeature) mit Karl Rabeder

in Herzogenrath/Deutschland Oktober 2012

 

 

Sprecher

In der heutigen Arbeitswelt ist das Individuum die kleinst möglichste Einheit. Sagt Karl Rabeder und verknüpft mit Brot und Spiele aus der antiken Welt oder mit Konsum und Werbung in den modernen Wirtschaftssystemen. Karl Rabeder.

 

 

O-Ton Karl Rabeder

Das Eine, damit meine ich, dass tatsächlich nicht ein großes System von oben herab bestimmt werden muss. Sondern dadurch, dass es – egal welches System – aus Einzelindividuen besteht, in sich selbst diese Erneuerung tragen kann. Jedes Individuum hat eine Instanz, die genau spürt: Was ist richtig? Was ist falsch? Wo ist mein Platz? Wo überschreite ich Grenzen eines Anderen? Ich kann diesen Weg aus eigenem Antrieb und eigenem Spüren heraus finden.

 

 

Sprecher

Und was ist jetzt mit Brot und Spiele? Mit Konsum und Werbung?

 

 

O-Ton Karl Rabeder

Das ist für mich ein zweiter Zusammenhang. Der uns natürlich über Erziehung und gesellschaftliche Einfluss langsam aber sicher verlernt, unsere Intuition, unsere Stimme des Herzens zu hören. Sprich – wenn ich in der Schule schon höre: Setz dich nieder, gib Ruhe; wenn ich von der Werbung permanent berieselt werde und das auch glaube. Und das tun wir. Ansonsten würde die Werbung ja nicht im Fernsehen, im Radio und in den Zeitungen sein. Dann entkoppele ich mich von dieser inneren Instanz, die für mein Glück zuständig ist. Und brauche dann jemand anderen, der mich führt. Der aber nicht in mich hinein spüren kann. Und das ist für mich die große Diskrepanz: Es kann ein System nicht in jedes Individuum hinein spüren. Sondern kann nur versuchen, irgendeine Lösung zu machen, die möglichst Vielen gut tut. Und genau so schauen die Lösungen dann aus.

 

 

Sprecher

Leben aus dem Bauch heraus so zu sagen. Wünscht sich doch jeder Mensch. Auch und gerade in großen Systemen. Karl Rabeder.

 

 

O-Ton Karl Rabeder

Das der Rahmen ein ganz anderer ist, ist ja nichts Neues. Die Frage ist nur: Wer bestimmt über diesen Rahmen? Und das sind eben nicht wir die Bürger, die Wähler. Sondern eine – ich nenne sie einmal eine große und mächtige Industrielobby. Die natürlich uns Produkte verkaufen will, die wir eigentlich nicht brauchen. Und dadurch, dass diese Lobby uns einredet, unser Glück wäre unabdinglich mit dem Kauf des einen oder anderen Produktes verbunden oder unsere Sicherheit oder unsere Zufriedenheit, landen wir natürlich in einem Strudel, in dem wir eigentlich nicht sein wollen.

 

 

Sprecher

Karl Rabeder hat seine Firma verkauft. Seine Millionen verschenkt. Seine Villa verlost. Er gründete im Jahre 2009 die ‚My Micro Credit‘. Eine None-Profit-Organisation. Die vergibt Kleinkredite an arme Menschen in Lateinamerika. Er lebt nach dem Grundsatz: Ich folge der Stimme meines Herzens. Viele individuellen Erkenntnisse führen ihn weg von Kapitalismus, Gier, Macht und Karriere. „Nur du selbst kannst dich ändern. Dann ändert sich auch die Welt.“ Zugegeben keine neue Erkenntnis. Hätte er jetzt nicht gerne seine Firma zurück?

 

 

 

O-Ton Karl Rabeder

Das würde mich ganz sicher nicht reizen. Weil wir früher eben Produkte produziert haben, die Menschen nicht wirklich brauchen. Wenn ich mir eine Firma vorstellen könnte, dann wäre es vermutlich eine Vereinigung von Menschen, die anderen gut tun in Form von – ich sage einmal – Seelenmassage, von spirituellen Lehrern, von Weisen, die sich einfach ausbreiten dürfen. Die, glaube ich, gibt es ohnehin schon da draußen massenweise. Sie sind immer nur ganz leise, weil sie glauben sie sind allein. Und Angst haben davor, dass sie an den Rand der Gesellschaft gedrückt werden, wenn sie sich outen.

 

 

Sprecher

Die so genannte Werteübung garantiert immer Überraschungen. Karl Rabeder.

 

 

O-Ton Karl Rabeder

De Frage ist: Was ist mir wirklich wichtig in meinem Leben? Ich habe auch meine drei wichtigsten Werte kurz genannt: Liebe, Freiheit und Freude. Sinn und Zweck dahinter ist einfach Fokus zu schaffen. Wenn Liebe mein wichtigster Wert ist, was heißt das in meinem Leben? Wie stehe ich auf in Liebe? Wie frühstücke ich? Und natürlich: Wie arbeite ich?

 

 

Sprecher

Liebe ist in allen Kulturen und bei allem Menschen eine immer bleibende Sehnsucht. Und zwar überall. Auch in der Arbeitswelt. Wenn Liebe aber der wichtigste Wert ist, dann ...

 

 

O-Ton Karl Rabeder

… verträgt sich das mit gewissen Arbeiten so ganz und gar nicht. Oder ich darf innerhalb einer Arbeit meinen Arbeitsstil umstellen. Da gehört für mich kämpfen nicht dazu. Sondern da gehört eher dazu andere zu verstehen und zu akzeptieren, dass es auch andere Meinungen gibt. Und ein gutes Vorbild zu sein. Das sich mehr Anhänger meiner Meinung, meinem Lebensstil anschließen indem sie nämlich sehen: Mir geht es richtig gut dabei.

 

 

Sprecher

Im Grunde ist es unmöglich, über Liebe und Glück intellektuell zu reden. Denn es sind Gefühle und die sind rational nicht genau zu beschreiben. Und sie sind immer sehr persönlich. Und das ist ja auch gut so. Karl Rabeder.

 

 

O-Ton Karl Rabeder

Erstens ist es sehr schwierig, intellektuelle Sätze zu diesem Thema zu sagen. Auch weil es ja nur einem Empfänger gibt, der Gehirn heißt und der eigentlich nicht der Spezialist für Glück ist. Glück passiert für mich eben eine Region weiter drinnen im Herzen. In der Seele. Ja im Bauch. Darum spreche ich in meinen Vorträgen eine sehr oft sehr einfache Sprache. Damit der Intellekt sich so zu sagen ein bisschen gelangweilt fühlt und das Herz mehr zuhören kann. Ich schaue sehr viel in Augen und kommuniziere sehr viel nonverbal. Das funktioniert interessanterweise bei manchen Menschen ganz wunderbar. Bei anderen ist einfach diese Wachheit verloren gegangen. Die aber grundsätzlich jeder Mensch hat.

 

Interview Leo Pauwels

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Sende-Manuskript

Interview (Radiofeature) mit Leo Pauels

in Herzogenrath/Deutschland Oktober 2012

 

 

 

Sprecher

Gesund und glücklich. Vision einer neuen Arbeitsgesellschaft? Eine europäische Herausforderung. Die Tagung vom 22. bis 24. Oktober 2012. Das Thema der Tagung ist aktuell, denn viele Menschen in den Industriestaaten fühlen sich eben nicht mehr glücklich und gesund. Das liegt eindeutig am heutigen Wirtschaftssystem. Das die Menschen nur als dienende, austauschbare Objekte sieht und ausbeutet. Leo Pauels, der Ehrenvorsitzende der EZA, das ist das Europäische Zentrum für Arbeitnehmerfragen, sieht das genau so. Zu den Zielen der Tagung meint er.

 

 

O-Ton Leo Pauels

Da hoffe ich, dass man intensiv diskutiert über glücklich sein. Darüber kann man reden. Darüber kann man spirituelle Analysen machen, die sehr schön sind. Die Arbeit der Menschen ist ein so wichtiger Teil ihres Lebens, dass diese Arbeit integriert werden muss in ein Konzept von Glücklichsein. Und das man da auf jede seiner Erfahrungen Wege sucht, Erfahrungen sammelt und das dadurch die Idee für alle erreicht wird.

 

 

Sprecher

Menschen müssen wieder in das Herz des Unternehmens gerückt werden.

 

 

O-Ton Leo Pauels

Der christliche Personalismus bezieht sich auf die Idee, dass jeder Mensch so wertvoll und so bedeutungsvoll ist, das er die Gelegenheit haben muss und bekommen muss, dass Beste in sich selbst zu entwickeln. Wenn er die Möglichkeit hat, dann ist es gewünscht, dass er das nicht für sich selbst behält, sondern das er das investiert in seine Arbeit, in sein Engagement. Das das eine Einheit ist. Wenn man persönlich christlich denkt, dass man ausgeht von der Zusammenarbeit von Menschen. Jeder mit seinen Möglichkeiten. Und das diese Zusammenarbeit Ziel der Gemeinschaft ist. Und das Geld und Kapital notwendig ist, aber als Mittel mit auf den Tisch kommt.

 

 

Sprecher

Niemand geht gerne zur Arbeit. Arbeit gilt als ein negativ beschriebenes Wort. Das muss ich ändern.

 

 

O-Ton Leo Pauels

Da kann man nur sagen, dass sich der Bürger individuell bewusster und persönlicher emanzipiert und das es eine positive Sache ist. Und das das nur Schritt für Schritt geht. Und wo man immer wieder suchen muss: Welche Schritte gehe ich. Eine Art Evolution. Die Arbeit ist ein wichtiger Teil des Lebens. Arbeit muss so organisiert werden, das sie glücklich macht. Und die Menschen das Gefühl haben, dass sie sinnvoll und bedeutungsvoll ist. Und ich mit meinen Fähigkeiten kann richtig mitspielen.

 

 

Sprecher

Und diese Emanzipation ist in den freien und demokratisch verfassten Gesellschaften ja jederzeit möglich. Aber das vergessen die Menschen. Leo Pauels.

 

 

O-Ton Leo Pauels

Die Emanzipation hat sicherlich das positive Resultat, dass die Leute sagen: „Meine Werte und wovon ich überzeugt bin – da will ich im Leben eine Antwort.“ Die Menschen suchen andere Menschen, die auch dieser Meinung sind. Via Facebook, via andere Kommunikationstechniken suchen sie Gleichgesinnte und versuchen, in diesem Zusammenleben Einfluss auszuüben. Das ist eine neue Art von Engagement und Emanzipation. Und gleichzeitig kann man sehen, dass da eine erneuerte spirituelle Dimension ist, die den christlichen Personalismus noch vertieft. Das jeder Mensch ein Kind von Gott ist.

 

Sprecher

Die westlich geprägten Gesellschaften haben sich über Jahrhunderte entwickelt. Veränderungen sind daher nicht so leicht wie es scheint.

 

 

O-Ton Leo Pauels

Die Kraft und die felsenfeste westliche Kultur von Konsumtion ist nicht so leicht zu durchbrechen. Die junge Generation hat eigene Konzepte. Hat eigene Visionen. In diesen Visionen ist das Herz viel stärker im Spiel. Und so reagieren sie: „Das kann doch nicht das Ziel des Lebens. Das muss man ändern.“ Und so sieht man Bewegungen.

 

Interview Trinidad Munoz-Villoria

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Sende-Manuskript

Interview (Radiofeature) mit Trinidad Munoz-Villoria

in Herzogenrath/Deutschland Oktober 2012

 

 

 

Sprecher

Wir leben in einer Welt der ständigen Veränderungen. Globale Märkte bestimmen das Geschehen von Unternehmen. Es herrscht ein großer Anpassungsdruck. Und der wirkt sich auf alles aus. Besonders auf Arbeitsplätze. Trinidad Munoz-Villoria von der Mobbing asbl aus Luxemburg über Wandel und Anpassung, Stress und Arbeitsplatzkonzepte. Schlüsselbegriffe: Implikation – also das sich Einbringen. Oder Vielfältigkeit. Oder der Schlüsselbegriff Flexibilität.

 

 

O-Ton Trinidad Munoz-Villoria

Flexibilität ist etwas, was die Unternehmen versuchten einzusetzen, damit Menschen, die keine Arbeit mehr bekamen, doch noch einen Job erhielten. Das hat etwas zu tun mit der so genannten ‚shift-work‘. Einige Jobs müssen ‚just in time‘ gemacht werden. So versuchen sie, Leute zu kriegen, die gut für sie sind. Ich denken, wenn diese Maßnahme auf eine positive Weise eingesetzt wird, kann sie für beide Seiten nützlich sein. Für die Arbeitgeber und für die Arbeitnehmer. Aber manchmal ist große Flexibilität für Arbeitnehmer ein Problem und etwas ganz anderes als für die Arbeitgeber.

 

 

Sprecher

Wie können wir denn mehr Gesundheit und Glück für die arbeitenden Menschen erreichen? Trinidad Munoz-Villoria.

 

 

O-Ton Trinidad Munoz-Villoria

Das ist eine starke Frage. Ich denke wirklich, dass die Werkzeuge vorhanden sind. Es kommt nur darauf an, wie wir sie gebrauchen. Für mich beginnt es mit einem Dialog zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Es gibt für mich keinen anderen Weg. Es muss einen Konsens zwischen Beiden geben, um Lösungen zu finden. Und um den Willen, Lösungen zu finden. Um dem Geld, möglicherweise, weniger Raum zu geben. Dafür aber mehr Raum für die Menschen zu haben. Tatsächlich geht es letztendlich darum: Arbeiten um zu leben und nicht leben um zu arbeiten.

 

 

Sprecher

Und wie geht es jetzt weiter?

 

 

O-Ton Trinidad Munoz-Villoria

Die Menschen brauchen die Firmen, weil sie leben müssen. Und die Unternehmen brauchen die Menschen. Wenn sie die arbeitenden Menschen aber krank machen und wenn man daran denkt, dass heute in Westeuropa viele Menschen über fünfundvierzig Jahre alt sind und länger in ihrem Job bleiben sollen, wo ist die Lösung? Vielleicht müssen wir zu dem Punkt zurück kehren, von dem aus man die Unternehmer verpflichten muss, das zu machen. Denn ich glaube nicht, dass sie das freiwillig machen werden.

 

Interview Tetyana Lutsyk

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Sende-Manuskript

Interview (Radiofeature) mit Tetyana Lutsyk

in Herzogenrath/Deutschland Oktober 2012

 

 

Sprecher

Wie könnte jeder einzelne Mensch gesünder und glücklicher werden? Generell. Und natürlich auch am Arbeitsplatz. Was kann er für sich selbst ändern? Wie kann er Wege erkennen? Da gibt es den Weg von Karl Rabeder. Der ist sehr individuell. Dafür braucht es eigentlich nur Mut. Aber es gibt auch andere Wege, zum Beispiel religiöse. Tetyana Lutsyk, Pastoralassistentin im Bistum Aachen über Spiritualität und Arbeit. Ein scheinbarer Gegensatz. Arbeitsüberlastung, Zeitnot, Burnout, Lebenskrisen, Angst. Der Mensch in den Industriestaaten scheint mit einem erschöpften Ich zu leben. Was ist das?

 

 

O-Ton Tetyana Lutsyk

Eigentlich habe ich dieses Bild von dem Münchener Psychologen übernommen. Nämlich Heiner Keupp, der davon sehr oft gesprochen hat.Das erschöpfte Ich meint er als erschöpfte Seele. Für mich persönlich hat das auch mit der persönlichen Innerlichkeit zu tun. Die Seele legt uns Christen eigentlich auch ganz nahe: Die Seele als ganzer Mensch.

 

 

Sprecher

Dieses erschöpfte Ich bedeutet vor allem den Verlust von ...

 

 

O-Ton Tetyana Lutsyk

… diesen ganz elementaren, menschlichen Bedürfnissen. Ich glaube, dass die Seele, der Geist von Menschen sehr verletzbar ist. Sehr oft sagen die Menschen: „Das tut mir jetzt aber in der Seele weh.“ Wo ist die denn zu finden? Ich glaube, dass ist einfach das Gefühl, irgendwie in einer Übereinstimmung zu sein. Auch in der Öffnung auf Gott hin. Wenn man es christlich nennen möchte.

 

 

 

Sprecher

Fast jeder Mensch verspürt eine Sehnsucht. Die kann er teilweise gar nicht genau beschreiben. Aber sie ist da. Tetyana Lutsyk.

 

 

O-Ton Tetyana Lutsyk

Ich glaube, dass jeder die Spiritualität ganz anders versteht. Jeder bastelt sich seine Spiritualität so zurecht, wie es für ihn passend ist. Nicht jeder redet von der eigenen Spiritualität. Vielmehr erleben die Menschen das. Ohne darüber zu sprechen. Es muss nicht mit Gott zu tun haben. Nicht mit Kirche zu tun haben. Aber es gibt eine bestimmte Sehnsucht nach Ganzheitlichkeit. Nach einer Öffnung, ich sage einmal, nach oben so zu sagen.

 

 

Sprecher

Und wie gesagt. Spiritualität ist ein weites Feld. Sie kann sehr persönlich sein.

 

 

O-Ton Tetyana Lutsyk

Wir Christen nennen das Gott. Buddhisten nehmen das vielleicht als eine innere Erleuchtung wahr. Es wäre fatal, wenn wir eine einheitliche Definition von Spiritualität aufstellen würden, weil ich glaube, dann würde die Individualität von jedem Menschen etwas verloren gehen.

 

 

Sprecher

Spiritualität und Arbeitswelt. Das geht noch nicht zusammen. Das sind völlig verschiedene Welten und Lebensräume. Tetyana Lutsyk.

 

 

O-Ton Tetyana Lutsyk

Deshalb war auch mein erster Eindruck, dass die Arbeitswelt von Spiritualität frei ist. Wo findet sich die Spiritualität heute? Im eigenen Handeln. In der eigenen ethischen Verantwortung. Aber auch in der Wahrnehmung des Menschen als einer Person.

 

Sprecher

Aber eine spirituelle, innere Lebenseinstellung kann die Art und Weise, wie Menschen mit einander arbeiten, völlig verwandeln.

 

 

O-Ton Tetyana Lutsyk

Das ist natürlich eine sehr wichtige Vorstellung: Das die Spiritualität unbedingt dazu gehört. Ich habe so ein bisschen versucht darzustellen, dass die Spiritualität nicht nur die Individualität bedeutet, sondern auch diese objektive Verankerung. Wäre das Leben einfacher, wenn wir jetzt so zu sagen die Spiritualität zu einer gesellschaftlichen Komponente machen würden? Ich glaube, dass sie schon zugehörig ist. Nur es ist nicht explizit. Vielmehr ist die Spiritualität auch im eigenen Handeln, in der eigenen ethischen Verantwortung. Aber auch in der Wahrnehmung des Menschen als einer Person, der unbedingt eine Würde zukommt.

 

Interview Ralf Woelk

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Sende-Manuskript

Interview (Radiofeature) mit Ralf Woelk

in Herzogenrath/Deutschland Oktober 2012

 

 

 

Sprecher

Ohne Sozialpartner kann die Arbeitswelt nicht verändert werden. Und diese Partner spiegeln die gesellschaftlichen Gruppen und ihre Ideologien wider. Zum Beispiel Religionsgemeinschaften, karitative Verbände, Nicht-Regierungsorganisationen, Standesvertretungen, Arbeitgeberverbände und natürlich auch Gewerkschaften. Ein gerechter Ausgleich der Interessen ist das Ziel. Theorie und Praxis liegen jedoch immer weiter auseinander. Die verbriefen Rechte des arbeitenden Menschen werden zunehmend den Bedingungen des freien Marktes unterworfen. Viele gute Arbeitnehmergesetze, über Generationen erstritten, oftmals mit dem Leben bezahlt. Trotzdem entfernen sich die Sozialpartner immer mehr voneinander. Warum? Ralf Woelk, Vorsitzender des DGB Region NRW Süd-West Aachen.

 

 

O-Ton Ralf Woelk

Wir haben eine Theorie. Da steht die Mitbestimmung im Gesetz. Und wir haben eine Praxis. Das erleben wir zur Zeit zum Beispiel bei Bombardier. Dort wird eine Werkschließung beschlossen ohne den Betriebsrat, ohne den Wirtschaftsausschuss in Kenntnis zu setzen oder auch nur zu fragen. Von daher müssen wir fest stellen, dass immer dann, wenn es schwierig wird, immer dann, wenn es Probleme gibt, die Sozialpartnerschaft mehr auf dem Papier steht, aber die gelebte Praxis eine andere ist.

 

 

Sprecher

Das klingt nach Frühkapitalismus.

 

 

O-Ton Ralf Woelk

Viele Arbeitgeber sehen in Gewerkschaften, sehen auch in Betriebsräten nur Störmanöver und Bremsklötze im Betrieb. Anerkennen überhaupt nicht die konstruktive Arbeit und Leistung, die Betriebsräte zum Beispiel auch bei der Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise gespielt haben. Dort waren es ja oftmals auch Betriebsräte und Gewerkschaften, die Betriebe darüber aufgeklärt haben, dass man auch das Instrument der Kurzarbeit zum Beispiel anwenden kann, anstatt Beschäftigte zu entlassen.

 

 

Sprecher

Wer gut bezahlt wird, der ist glücklicher und zufrieden und arbeitet auch besser und lieber in einem Unternehmen. Also die Sozialpartner sind doch für alle Seiten unverzichtbar.

 

 

O-Ton Ralf Woelk

Es gibt gute und weniger gute Arbeitgeber. Und diejenigen, die es noch nicht verstanden haben, was Sozialpartnerschaft bedeutet, weil sie sie eben auch noch nie gelebt und erfahren haben, die haben da einfach ein intellektuelles Defizit.

 

Interview Sonja Puchelski

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© Axel Gauster/Nell-Breuning-Haus

 

Sende-Manuskript

Interview (Radiofeature) mit Sonja Puchelski

in Herzogenrath/Deutschland Oktober 2012

 

 

Sprecher

Es gibt das kleine Land Bhutan mitten im Himalaya. Dieser Staat hat eine demokratische Verfassung. Im Artikel 9, Absatz 2 heißt es wörtlich (Zitat): Der Staat wird sich bemühen, die Bedingungen zu fördern, damit das Streben nach Bruttonationalglück sich erfüllt (Zitatende). Das Glück des Einzelnen als Staatsziel. Glück als Staatsräson. Natürlich gibt es jedes Jahr große Fragebögen, das so genannte ‚Gross National Happiness Survey‘, mit denen Bhutan das Bruttonationalglück aufschreibt und mit den Vorjahren vergleicht. Wohlgemerkt: Es geht nicht um das Geld. Es geht nicht um das so genannte Bruttosozialprodukt. Es geht um das Wachstum von Glück des einzelnen Menschen und um das Glück einer Gesellschaft. Quasi das Gegenkonzept zu einer Politik für das uferlose Wachstum des so genannten Bruttosozialprodukts.

Der Hauptredner ist Karl Rabeder. Er zeigt einen möglichen Weg auf, um Glück und Gesundheit in die Mitte der Arbeitswelt zu bringen. Warum dieser Referent. Sonja Puchelski vom Nell-Breuning-Haus.

 

 

O-Ton Sonja Puchelski

Das war eigentlich eine sehr intuitive Geschichte. Durch seine Biographie – er ist Ex-Millionär, er hat seine Villa verlost und er hat diese ‚My Micro Credit‘ - Geschichte ins Leben gerufen, wo eben Mikrokredite an Drittweltländer vergeben werden. Und ich fand erst einmal: Den möchtest du einmal erleben. Was bewegt so einen Mensch? Ist das eine Mache? Ist der komisch? Ist das echt? Und war eigentlich der Hauptimpuls. Und ich finde, er passt halt thematisch sehr gut, weil er ja über das Glücklichsein, über Glücksgefühle, über Gesundheit und Glück spricht.

 

 

Sprecher

Großes Thema, Referate, Impulsvorträge, Workshops, Podiumsdiskussionen, Reflexionen. Was ist denn das Ziel dieser europäischen Tagung? Sonja Puchelski.

 

 

O-Ton Sonja Puchelski

Ziel ist es, einen Impuls dafür zu geben, dass unsere Arbeitsprozesse anders, besser gestaltet werden können für die, die darin arbeiten. Wir alle wollen eigentlich mit anderen Menschen zusammen etwas bewirken. Das nennt man Arbeit. Und im Grunde genommen kann das auch Spaß machen. Es gibt immer die Momente, wo man Montags auch einmal gerne anfängt und sagt: „Ja ich bin eigentlich froh hier zu sein. Ich bin zu Hause raus. Ich habe eine sinnvolle Tätigkeit.“ Das ist nicht immer so. Aber es gibt diese Momente. Und die müssen verstärkt werden. Und da muss man gucken: Wie kann man die vorhandenen, positiven, guten Sachen noch besser machen? Wie kann man in der Balance bleiben? Wie kann man gesund bleiben? So das man für diesen Arbeitsprozess – ich sage es jetzt auch einmal – wirklich gut zur Verfügung steht.

 

 

 

Fotos: Axel Gauster © 2020 Nell-Breuning-Haus / Axel Gauster